Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung will
die Interessen von Aktionären bei Angeboten zur Übernahme
von Unternehmen und bei Anteilskäufen, die zu einer Kontrolle
des Unternehmens führen, schützen. Dazu hat sie einen
Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie (
16/1003) vorgelegt. Ziel der Richtlinie ist es,
eine Rahmenregelung für Übernahmeverfahren zu schaffen.
Durch Mindestvorgaben für Übernahmeangebote soll in der
gesamten EU Klarheit und Transparenz geschaffen werden, heißt
es in dem Entwurf. Das vorhandene deutsche Übernahmerecht will
die Regierung nur insofern ändern, als die Richtlinie dies
erfordert. Eine Ausnahme sieht sie bei den
Veröffentlichungsvorschriften. An die Stelle der
Veröffentlichungen in einem überregionalen
Börsenpflichtblatt soll die Veröffentlichung im
elektronischen Bundesanzeiger treten. Allgemeine Grundsätze
der Übernahmerichtlinie sind den Angaben zufolge das
Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot sowie die Vermeidung von
Marktverzerrungen. Die Richtlinie regele auch das anzuwendende
Recht und die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden bei
Übernahmen, bei denen Sitz und Börsenzulassung der zu
erwerbenden Gesellschaft ("Zielgesellschaft") auseinander fallen.
Eingeführt wird außerdem ein Pflichtangebot an alle
Aktionäre mit Vorgaben über Art und Höhe der
Gegenleistung des Bieters. Die Richtlinie enthalte ferner ein
Verbot für Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft,
Übernahmeangebote ohne Ermächtigung durch die
Hauptversammlung zu verhindern. Ausnahmen soll es nur für die
Suche nach einem anderen Bieter und für die Umsetzung bereits
früher getroffener Entscheidungen geben. Erlangt der Bieter 75
Prozent der Stimmrechte, sollen bei der ersten Hauptversammlung
nach Abschluss des Angebots Übertragungsbeschränkungen
und Entsenderechte wirkungslos werden. Die Regierung betont, dass
das deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz die
Anforderungen der Richtlinie bereits weitgehend übernommen
hat. Das Gesetz soll künftig in gesellschaftsrechtlichen
Fragen für alle Zielgesellschaften mit Sitz im Inland
anwendbar sein, deren Wertpapiere nur im Ausland an der Börse
zugelassen sind. Die Vorschriften über das Angebotsverfahren
sollen künftig auch für Zielgesellschaften mit Sitz im
europäischen Ausland gelten, deren Wertpapiere nicht dort,
sondern in Deutschland zugelassen sind. War der Bieter bislang
verpflichtet, nur die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft oder deren
Vertreter von seiner Angebotsentscheidung zu unterrichten, so
sollen nun auch die Arbeitnehmer des Bieters selbst informiert
werden müssen. Der Bieter soll die Möglichkeit erhalten,
innerhalb von drei Monaten die verbliebenen Aktionäre von der
Zielgesellschaft auszuschließen. Diese sollen ihrerseits das
Recht erhalten, dem Bieter ihre Aktien noch nach Ablauf der
Annahmefrist anzudienen. Dadurch würden langjährige
gerichtliche Auseinandersetzungen aufgrund der Anfechtung von
Hauptversammlungsbeschlüssen vermieden. Der
Mehrheitsaktionär wäre in der Lage, Umstrukturierungen
ohne Verzögerungen durchzusetzen, heißt es in dem
Entwurf. Gleichzeitig würden die Interessen der
Minderheitsaktionäre berücksichtigt. Den ausgeschlossenen
Aktionären müsse in jedem Fall eine Barabfindung
angeboten werden. Der Preis solle als "angemessen" gelten, wenn er
von 90 Prozent der betroffenen Aktionäre akzeptiert wird. Ein
Ausschluss der Aktionäre solle ab einer Beteiligung des
Bieters in Höhe von 95 Prozent der stimmberechtigten Aktien
und der Stimmrechte möglich werden.