Berlin: (hib/VOM) Bei der schweizerischen
Steuerverwaltung sind für das zweite Halbjahr 2005 rund 138
Millionen Schweizer Franken (etwa 88 Millionen Euro) an Zinssteuern
von EU-Bürgern eingegangen, von denen 103 Millionen Franken
(rund 67 Millionen Euro) an die betreffenden EU-Mitgliedstaaten
abgeführt werden. Dies berichtet die Bundesregierung in ihrer
Antwort (
16/1257) auf eine Kleine Anfrage von
Bündnis 90/Die Grünen (
16/1104) zur Anwendung der
EU-Zinsertragsteuerrichtlinie. Die Regierung widerspricht damit
einem "Handelsblatt"-Bericht vom 20. Februar, wonach die Schweizer
Regierung für dieses Jahr nur 40 Millionen Euro EU-Zinssteuer
eingeplant habe. Die Höhe der eingegangen Beträge
für das zweite Halbjahr 2005 sowie das von der Regierung
erwartete höhere Aufkommens für 2006 belegten den Erfolg
der Zinsertragsteuerrichtlinie, heißt es in der Antwort.
Aufgrund der Richtlinie tauschen seit dem 1. Juli 2005 22
EU-Staaten Auskünfte über die Zinserträge von
EU-Bürgern aus. Lediglich Österreich, Belgien und
Luxemburg beteiligten sich nicht an dem Auskunftsverfahren, sondern
behielten eine niedrige Quellensteuer ein, wie die
Bündnisgrünen in ihrer Anfrage erläutert hatten. Der
Anleger bleibe anonym. 75 Prozent der durch diese Quellensteuer
erzielten Einnahmen erhält der Staat, in dem der
Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Auch die Schweiz hatte sich
verpflichtet, am Quellensteuerabzugsverfahren teilzunehmen. Wie die
Regierung weiter mitteilt, finden auf EU-Ebene derzeit
Abstimmungsgespräche zur einheitlichen Handhabung der
Richtlinie statt. Dabei würden auch Fragen, ob und in welcher
Form so genannte "Ein-Mann-Fonds" und Trusts unter die Regelungen
fallen, diskutiert. Sie reagiert damit auf den Hinweis der
Fraktion, dass einige europäische Ländern mit den
Finanzmarktprodukten der "Ein-Mann-Fonds" werben würden, die
mit einem liquiden Mindestvermögen von etwa 1 Million Franken
arbeiten. Dem ausländischen Steuerpflichtigen werde es
ermöglicht, sein Privatvermögen juristisch von seiner
natürlichen Person zu trennen, um sich so aller Steuerlasten
zu entledigen. Nach Ansicht der Regierung sind Erträge aus
einem in Liechtenstein gegründeten "Ein-Mann-Fonds" eines in
Deutschland ansässigen Anlegers einkommensteuerpflichtig. Ob
die Erträge aus diesem Fonds in den Anwendungsbereich des
Abkommens fallen, das die EU mit Lichtenstein geschlossen hat,
müsse erörtert werden, so die Regierung. Nach ihrer
Auffassung müssen alle Erträge, die unter der
Zinsertragsteuerrichtlinie fallen, in Liechtenstein der
Quellenbesteuerung unterworfen werden.