Berlin: (hib/MPI) Die von der Bundesregierung geplante Novellierung des Fluglärmgesetzes stößt bei Umweltverbänden auf strikte Ablehnung. Die vorgesehenen Grenzwerte entsprächen nicht dem lärmmedizinischen Wissensstand, kritisierte der Koordinator des Arbeitskreises Flugverkehr, Werner Reh, am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses. Zur Minderung des Gesundheitsrisikos müssten die Tag- und Nachtschutzwerte jeweils um fünf bis zehn Dezibel reduziert werden. Im Gesetzentwurf ( 16/508) sind für bestehende Flughäfen Grenzwerte für einen Lärmdauerschallpegel von 65 Dezibel tagsüber und 55 Dezibel nachts vorgesehen. Das bisherige Gesetz zum Schutz vor Fluglärm ist seit 1971 in Kraft.
Reh, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), bemängelte, die geplanten Regelungen verschlechterten den Schutz der Anwohner vor Lärm. Zudem könnten bei Neu- und Ausbauten von Flughäfen die erforderlichen Schallschutzmaßnahmen bis ins Jahr 2018 gestreckt werden. Er forderte mehr Maßnahmen im aktiven Lärmschutz, etwa Nachtflugverbote und Betriebsbeschränkungen für laute Flugzeuge. Würde der Fluglärmkatalog der Umweltverbände umgesetzt, verteuerte sich der Preis pro Flugticket "um lediglich 38 Cent", betonte Reh.
Wie in der Anhörung weiter deutlich wurde, lehnt die Luftfahrtwirtschaft schärfere Grenzwerte ab, erwartet aber vom Gesetzgeber vor allem mehr Planungssicherheit. Die Dauer von Planfeststellungsverfahren für Neu- und Ausbauten von Flughäfen halte er "für unerträglich", sagte der Direktor der Flughafen Köln/Bonn GmbH, Wolfgang Klapdor. "Das kann nicht so weitergehen", betonte er und verwies darauf, dass das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau des Münchner Flughafens 25 Jahre in Anspruch genommen habe. Der Direktor der Flughafen München GmbH und Präsidiumsmitglied der Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen, Walter Vill, verlangte, das neue Gesetz müsse abschließende Regelungen über Schallschutz und Entschädigungen treffen. Er sagte, dass in der deutschen Luftfahrtindustrie rund 770.000 Menschen beschäftigt seien, ein Drittel davon auf Flughäfen. Bei einem möglichen Wirtschaftswachstum von vier bis fünf Prozent könnten in den kommenden Jahren bis zu 100.000 neue Jobs in der Branche entstehen. Dies müsse auch bei neuen gesetzlichen Regelungen zum Lärmschutz beachtet werden.
Der Umweltpsychologe der Ruhr-Universität Bochum, Rainer Guski, nannte die geplanten Grenzwerte "erheblich zu hoch". Neuere Forschungen hätten ergeben, dass Betroffene heute stärker als früher auf Fluglärm reagierten. Dies sei unter anderem auf den Anstieg der Flugzahlen insbesondere in die frühen Morgen- und Abendstunden zurückzuführen, in denen viele Menschen üblicherweise zu Hause seien, erläuterte Guski.
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