Berlin: (hib/MPI) Die Bundesregierung will
mit strengeren Kontrollen bei Beziehern von Arbeitslosengeld II
(Alg II) Kosten in Milliardenhöhe einsparen. Der 96-seitige
Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung
für Arbeitsuchende (
16/1410) sieht unter anderem schärfere
Vor-Ort-Prüfungen der tatsächlichen
Lebensverhältnisse von Alg-II-Empfängern und einen
leichteren Informationsaustausch der Behörden etwa über
Konten und Depots, auch im Ausland, vor. Die Koalitionsfraktionen
bringen den Gesetzentwurf heute in den Bundestag ein. Im Anschluss
an die erste Lesung im Plenum kommt der Ausschuss für Arbeit
und Soziales am Abend zu einer Sitzung zusammen, um eine
öffentliche Anhörung zu dem Entwurf zu beschließen.
Die Korrekturen der Hartz-IV-Reform, mit der die Arbeitslosen- und
Sozialhilfe zusammengelegt worden war, sollen am 1. August in Kraft
treten und Bund und Kommunen in diesem Jahr rund 500 Millionen Euro
an Einsparungen bringen. Die Regierung erhofft sich dem Entwurf
zufolge für die Jahre 2007 und 2008 ein Entlastung der
öffentlichen Haushalte von jeweils 1,48 Milliarden Euro und im
Jahr 2009 von 1,38 Milliarden Euro. Laut Bundesregierung bezogen
Ende 2005 rund 4,96 Millionen erwerbsfähige
Hilfebedürftige Alg II. Insgesamt hätten 6,74 Millionen
Personen in 3,73 Millionen so genannten Bedarfsgemeinschaften im
Dezember 2005 Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitslose gehabt. Im Einzelnen sieht der Entwurf vor, dass
zusammen wohnende Personen künftig nachweisen müssen,
dass sie nicht in einer eheähnlichen Beziehung leben, um
unabhängig voneinander Leistungen zu beziehen. Ansonsten
sollen sie als Bedarfsgemeinschaft behandelt werden, was zu
geringeren Leistungen führen kann. Auch gleichgeschlechtliche
Partner, die nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz eingetragen
sind, werden künftig generell als Bedarfsgemeinschaften
eingestuft. Wer Leistungen neu beantragt, soll durch umgehende
Angebote von Arbeit oder Qualifizierung auf seine Arbeitswilligkeit
hin überprüft werden. Im Entwurf werden
Außendienste der Arbeitsagenturen und Kommunen gesetzlich
vorgeschrieben. Diese sollen bei Verdacht auf Leistungsmissbrauch
die Angaben der Hilfeempfänger überprüfen. Für
Telefonbefragungen soll die datenschutzrechtliche Basis
klargestellt werden. Wer innerhalb eines Jahres zwei Mal eine
Stelle oder Qualifizierung ausschlägt, dem soll das Alg II um
bis zu 60 Prozent gekürzt werden. Zugleich ist in dem
Gesetzentwurf vorgesehen, dass Langzeitarbeitslose künftig 250
statt 200 Euro pro Lebensjahr (höchstens 16.250 Euro) für
die Altersvorsorge zurücklegen dürfen, ohne dass
Leistungen gekürzt werden. Im Gegenzug wird der Freibetrag
für sonstiges Vermögen wie Sparguthaben von 200 auf 150
Euro (höchstens 9.750 Euro) gekürzt. Dies gilt auch
für den Vermögensfreibetrag für Kinder von
Alg-II-Beziehern. BAföG-Empfänger können unter
bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss zu ihren Wohnkosten
erhalten. Geklärt wird in dem Entwurf, dass die
Babyerstausstattung von Alg-II-Empfängern als einmalige
Leistung übernommen werden kann, zu der auch ein Kinderwagen
gehört.