Berlin: (hib/VOM) Der geplante Einstieg in die Besteuerung von Biokraftstoffen ist am Mittwochmittag bei einer Reihe von Sachverständigen auf Vorbehalte gestoßen. In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Stromsteuergesetzes ( 16/1172) sowie zu einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, die Biokraftstoffe intelligent zu fördern und die Steuerbegünstigung zu erhalten ( 16/583), sprach Professor Karlheinz Schmidt vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung von "gravierenden Auswirkungen". Da zehn Prozent der Güterkraftverkehrsbetriebe Biokraftstoffe verwendeten, sei mit höheren Kosten von fünf bis sechs Cent pro Liter zu rechnen.
Die Regierung plant, Biodiesel vom 1. August dieses Jahres an mit zehn Cent pro Liter und Pflanzenöl mit 15 Cent pro Liter zu besteuern. Wenn Biodiesel mit fossilem Diesel gemischt wird, sollen ebenfalls 15 Cent pro Liter Energiesteuer anfallen. Grundlage des Gesetzentwurfs ist die EU-Richtlinie zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom. Die Regierung hat die Umsetzung dieser Richtlinie zum Anlass genommen, das Mineralölsteuergesetz durch ein Energiesteuergesetz abzulösen, in dem neben Mineralöl auch die Energieträger Steinkohle, Braunkohle und Koks einbezogen werden sollen. Darüber hinaus plant die Regierung, zum 1. Januar 2007 eine Quote für die Beimischung von Biokraftstoffen einzuführen. Jürgen Abend vom Mineralölwirtschaftsverband plädierte dafür, die Einführung der Besteuerung zum 1. August und der Quote zum 1. Januar zusammenzulegen, um eine doppelte Umstellung zu vermeiden. Auch Ulrike Beland vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag sprach sich dafür aus, beide Änderungen erst zum 1. Januar in Kraft treten zu lassen.
Als Vertreter der 350 Ölmühlen in Deutschland warb Peter Daniels von der Ölpflanzenverarbeitung Daniels dafür, die jetzige Steuerbefreiung aufgrund der hohen Investitionskosten langfristig beizubehalten. Die Besteuerung würde die Existenz der dezentralen Ölmühlen stark gefährden. Johannes Lackmann vom Bundesverband Erneuerbare Energien hielt es ebenfalls für "nicht rational", die Steuerbefreiung auf Biokraftstoffe 2009 ganz auslaufen zu lassen. Dies würde Investitionsunsicherheit schaffen. Helmut Born vom Deutschen Bauernverband begrüßte, dass für die in der Land- und Forstwirtschaft verwendeten reinen Biokraft- und Bioheizstoffe, die nur aus Biomasse bestehen, auch künftig keine Steuer bezahlt werden muss. Die deutschen Landwirte seien durch die Dieselbesteuerung bereits in einer schwierigen Lage. In allen Nachbarstaaten sei die Besteuerung niedriger. Klage führte auch der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe. Nach den Worten von Klaus Heitmann werden die deutschen Seehafenbetriebe seit Jahren massiv benachteiligt im Vergleich zu anderen Seehäfen in der EU. Die Wettbewerbsnachteile der deutschen Häfen summierten sich auf 27 Millionen Euro, so Heitmann. Es könne nicht sein, dass die Bundesregierung in Brüssel Mindeststeuersätzen zustimme und sie dann national nicht anwende. Thomas Becker vom Verband der Automobilindustrie sagte, es komme darauf an, dass die Kraftstoffe mit einem höheren ökologischen Potenzial, also niedrigerem Kohlendioxidausstoß, eine Marktchance bekommen. Nach seiner Auffassung sollte daher steuerlich nach diesem ökologischem Entlastungspotenzial differenziert werden.
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