Berlin: (hib/MPI) Alle im Bundestag vertretenen Fraktionen sind grundsätzlich für einen Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum 1. Januar 2007. Bei einer Sitzung des Europaausschusses wurde am Donnerstag zugleich parteiübergreifend deutlich, dass weitere Reformanstrengungen beider Kandidatenländer, insbesondere Bulgariens, erwartet werden. Am Dienstag hatte die EU-Kommission Fortschrittsberichte über die Beitrittsvorbereitungen in beiden Ländern vorgelegt. Vor allem in Bulgarien sieht die Kommission dem Bericht zufolge weiter erhebliche Probleme mit Korruption und Geldwäsche sowie im Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Entgegen der ursprünglichen Erwartungen wurde in dem Bericht noch kein Beitrittsdatum festgelegt. Im Oktober will die Kommission nun einen weiteren Fortschrittsbericht vorlegen. Der Bundestag will das Ratifizierungsverfahren nach bisherigen Plänen im Herbst abschließen.
Die CDU/CSU-Fraktion unterstrich, beide Länder hätten "eine ganz bemerkenswerte Entwicklung" gemacht, was deutlich werde, wenn man sich vor Augen führe, wo sie vor zehn oder 15 Jahren gestanden hätten. Leider sei Bulgarien in einigen Bereichen "stehen geblieben". Die Probleme würden voraussichtlich auch nicht bis Jahresende behoben werden. Deshalb plädierte die Union dafür, nicht nur - wie von der Bundesregierung unterstützt - die Entwicklung der Länder über das Beitrittsdatum hinaus in einem so genannten Monitoringprozess zu begleiten, sondern konkrete Handlungsetappen festzulegen. Der Beschluss des Bundestages über den Beitritt solle erst nach Vorlage des nächsten Kommissionsberichtes erfolgen, forderten CDU/CSU. Die SPD-Fraktion betonte, es sei klar, dass Bulgarien und Rumänien nicht bis Oktober das nachholen könnten, was sie in den vorherigen Jahren nicht geschafft hätten. Eine Verschiebung des Beitritts dürfe es aber nicht geben, weil dies die innenpolitische Situation in beiden Ländern destabilisiere. Insbesondere von rechtspopulistischen Parteien gehe in diesem Zusammenhang Gefahr aus.
Die FDP-Fraktion unterstützte den Unions-Vorschlag für eine Liste zu den Aufgaben, die nach dem 1. Januar 2007 von beiden Ländern zu erfüllen seien. Dazu müsse allerdings auch ein Impuls aus Bulgarien und Rumänien selbst kommen. Die Fraktion Die Linke mahnte, die derzeitigen Schwierigkeiten der Europäischen Union dürften nicht zum Anlass genommen werden, den Beitritt zu verschieben. Das "wäre ein falsches Signal", hieß es. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zeigte sich erleichtert, dass die EU-Kommission das Beitrittsdatum 1. Januar 2007 nicht in Frage gestellt habe. Bei aller Besorgnis um die andauernden Probleme in den Kandidatenländern müsse vom Bundestag deutlich herausgestellt werden, dass die Entwicklung in beiden Ländern "eine Erfolgsstory" sei.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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