Berlin: (hib/MPI) Der Europaausschuss hat EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn nachdrücklich aufgefordert, Bulgarien und Rumänien auch nach ihrem wahrscheinlichen EU-Beitritt streng zu kontrollieren. Bei einem Besuch des Finnen im Ausschuss sagte dessen Vorsitzender Matthias Wissmann (CDU) am Mittwoch, die für den Herbst im Bundestag vorgesehene Ratifizierung des Beitrittsvertrages falle allen Kollegen leichter, wenn das Monitoring über die vorgesehenen drei Jahre nach dem Beitritt fortgesetzt werde. Der Bundestag werde seine Entscheidung nach Vorlage des nächsten EU-Fortschrittsberichtes zu beiden Ländern "und im Lichte dieses Berichtes" treffen. Rehn warb für eine Ratifizierung des Beitrittsvertrages. Sollten die Bedenken, die es gegen den Beitritt gebe, "nicht ausgeräumt werden, würden wir nicht zögern, restlos alle Abhilfeinstrumente einzusetzen", betonte der Kommissar. So könne etwa die Zahlung von EU-Geldern ausgesetzt werden. Im Übrigen arbeiteten beide Länder "hart an der Behebung der restlichen Mängel, um die Beitrittskriterien zu erfüllen".
Die Unions-Fraktion unterstrich, Rumänien und Bulgarien hätten sich "sehr zum Positiven verändert". Damit dieser Prozess andauere, müsse der Druck auf die Länder aufrechterhalten werden. Dem stimmte Rehn ohne Einschränkung zu. Die SPD-Fraktion thematisierte die andauernde Korruption insbesondere in Bulgarien. Dazu sagte Rehn, nach Vorlage des jüngsten Fortschrittsberichts habe das Land einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Korruption vorgelegt. Auf jeden Fall werde sich Bulgarien im Bereich Rechtsstaatlichkeit "noch mehr Mühe geben müssen". Die FDP-Fraktion regte an, dass zukünftig nicht schon langfristig Beitrittstermine unumstößlich festgelegt werden sollten. Vielmehr müsse der EU, aber auch den nationalen Parlamenten, die Möglichkeit eingeräumt werden, kurzfristiger über den tatsächlichen Beitritt eines Landes abstimmen zu können.
Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sprachen die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und der Türkei an. Die Grünen plädierten dafür, diese zu "entkoppeln". Es müsse klar sein, dass beide Länder die Verhandlungen "nicht im Gleichschritt beenden können". Rehn sagte, eine Differenzierung werde sich "ganz natürlich ergeben". Die Länder würden danach beurteilt, "was sie erreicht haben". Mit Blick auf die Türkei fügte der EU-Kommissar hinzu, der Beitrittsprozess sei zurzeit "kein Expresszug, sondern eher ein Regionalzug". Das Land werde deutliche Anstrengungen unternehmen müssen, damit der nächste Fortschrittsbericht, der im November vorgelegt werden soll, besser ausfällt als der vorhergehende.
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