Berlin: (hib/HAU) Auf eine
überwiegend positive Resonanz unter Experten trifft der
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Regelungen
über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer
Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen
Mitgliedsstaaten (
16/2922). Das wurde während einer
öffentlichen Anhörung am Montagvormittag deutlich. Der
Gesetzentwurf sieht vor, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer
vorrangig auf dem Verhandlungsweg zu sichern. Entscheidendes
Grundprinzip solle dabei der Schutz erworbener Rechte der
Arbeitnehmer sein. Dazu würden Auffangregelungen getroffen,
die im Falle des Scheiterns der Verhandlungen greifen sollen. Der
Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnete den Gesetzentwurf als
"sehr gelungen". In Europa gebe es viele verschiedene Regelungen
der Mitbestimmung. Der gefundene Kompromiss mit einer
Auffangregelung sei zu begrüßen. Die paritätische
Mitbestimmung, so der DGB, sei keinesfalls ein Standortnachteil,
wie nicht zuletzt die Verdopplung der Anzahl von Holdings in den
letzten Jahren in Deutschland zeige. Mitbestimmung der Arbeitnehmer
werde dank der gesetzlichen Regelung auch zukünftig ein
unverzichtbarer Bestandteil eines sozialen, demokratischen und
wirtschaftlich erfolgreichen Europas sein. Auch Professor Sigurt
Vitols von der Humboldt-Universität Berlin sprach sich
für den Erhalt der Mitbestimmung aus. Die meisten
wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema zeigten, dass durch die
Mitbestimmung keine Nachteile für den Standort Deutschland und
seine Unternehmen entstünden. Vitols sprach sich zur
Unterstützung der Mitbestimmung für eine starke
Auffangregelung aus. Die europäische Richtlinie, so Professor
Otto Ernst Kempen von der Universität Frankfurt am Main,
hätte eine Beschneidung des Mitbestimmungsrechtes erlaubt. Er
sei dem Gesetzgeber jedoch dankbar, dass man dem nicht gefolgt sei
und damit kein Einfallstor für die Änderung der
"bewährten gesetzlichen Regelungen in Deutschland" geschaffen
habe. "Ohne wenn und aber" befürwortete Professor Bernhard
Nagel aus Kassel die Vorlage und sprach sich für eine schnelle
Verabschiedung des Gesetzentwurfes aus. Die Mitbestimmung durch
Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten, so Bernd Frick von
der Universität Witten, habe im ungünstigsten Fall eine
neutrale Wirkung. Ein Standortnachteil sei daher nicht zu erkennen.
Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA)
lehnte den Gesetzentwurf hingegen ab. Von einem Standortvorteil
könne angesichts der Mitbestimmungsregelungen in Deutschland
nicht die Rede sein. Das Gegenteil sei eher der Fall. Der
"Fehlansatz", die deutsche Mitbestimmung zu manifestieren, anstatt
sie zu Europa hin zu öffnen, führe zu
Wettbewerbsnachteilen und stelle ein Fusionshemmnis dar. Professor
Gregor Thüsing von der Universität Bonn plädierte
für die Streichung der Auffangregelungen. Damit gebe es schon
zu Beginn der Verhandlungen ein Ungleichgewicht zu Gunsten der
Arbeitnehmerseite, kritisierte er.