Berlin: (hib/AS) Die Einführung einer
neuen Gebührenordnung im Rahmen des GKV-Wettbewerbsgesetzes (
16/3100) birgt nach Ansicht von Experten eine
Reihe von Risiken und Problemen. "Das Ende der Budgetierung wird
nicht erreicht", erklärte der Vorsitzende der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler,
bei einer Anhörung am Montagvormittag im Gesundheitsausschuss.
Gleichzeitig warnte er vor dem Risiko von Insolvenzen, auch in den
alten Bundesländern: "Wir werden Praxispleiten erleben", so
Köhler. Bei der dritten Anhörungsrunde zur
Gesundheitsreform wurde unter anderem die Neuordnung der
Vergütung von Ärzten und Zahnärzten in der
ambulanten Versorgung (Paragrafen 85a und b des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch) diskutiert. Die Ablösung des
Vergütungssystems zum 1. Januar 2009 beinhaltet nach Meinung
der Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV)
erhebliche Risiken für die Ausgabenentwicklung und die
Beitragssatzstabilität der Krankenkassen. Sie fürchten
eine "doppelte Dynamik" der Ausgaben für ärztliche
Leistungen. Denn es müssten nicht nur die Preise an die
Kostenentwicklung angepasst werden, sondern von den Ärzten
auch die so genannte Morbidität, also die
Krankheitswahrscheinlichkeit, festgestellt und dokumentiert werden.
Das Gesetz sieht vor, in Zukunft ärztliche Leistungen nach
bundesweit einheitlichem Punktwert zu berechnen. Der Wert für
das Jahr 2009 soll erstmalig bis zum 31. August 2008 nach
bestimmten Kriterien festgelegt werden. Ärztliche Leistungen
werden dann entsprechend den Eckpunkten der Gesundheitsreform nicht
mehr nur nach einem Punktesystem, sondern nach festen und
einheitlichen Preisen (Euro-Gebührenordnung) bewertet. Das
bisherige System war immer wieder als intransparent kritisiert
worden. Der Sachverständige Jürgen Bausch warnte davor,
dass das geplante System "noch unübersichtlicher und
bürokratischer" sein werde. Er rechnet zudem mit 13 Prozent
weniger Vergütung für die Ärzte. Probleme sehen die
Experten auch bei der Datenerfassung. Die Vertreter von KBV und GKV
bezeichneten den vorgesehenen Zeitraum für die
Berechnungsgrundlage als nicht realistisch. Nach Meinung der
Gesetzlichen Krankenkassen ist es unrealistisch, die
ärztlichen Leistungen in der Gebührenordnung innerhalb
weniger Monate zu Pauschalen zusammenzufassen. "Das ist in sechs
Monaten nicht zu schaffen", sagte GKV-Vertreter Johann-Magnus von
Stackelberg. Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung
schlug Köhler vor, die Punktwerte durch den
Bewertungsausschuss festlegen zu lassen. Die Opposition machte
darauf aufmerksam, dass es bei der neuen Gebührenordnung zu
Problemen für spezielle Ärztegruppen wie beispielsweise
Psychotherapeuten oder Kinderärzten kommen könne. Ingrid
Clever vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten betonte,
dass Psychotherapie weiter als Einzelleistung abgerechnet werden
müsse, da hier der Behandlungszeitraum variieren könne.
Auch Manfred Partsch von den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK)
forderte, dass der Spielraum für Sonderregelungen erhalten
bleiben müsse. Er wies nochmals darauf hin, dass das neue
Vergütungssystem vor allem ab 2010 "erhebliche Ausgaberisiken
für die Krankenkassen" bedeute. Es ist, so Patsch, "ein
Experiment mit unsicherem Ausgang".