Berlin: (hib/MPI) Anlässlich der
deutschen EU-Ratspräsidentschaft haben die Fraktionen Die
Linke und Bündnis 90/Die Grünen ihre europapolitischen
Ziele formuliert. In ihrem Antrag (
16/3402) tritt die Linksfraktion für einen
neuen EU-Verfassungsvertrag ein. Die Bundesregierung dürfe
"nicht einfach an dem gescheiterten Verfassungsvertrag festhalten",
sondern müsse die Initiative für einen alternativen
Verfassungsvertrag ergreifen. Zugleich solle der Bundestag
beschließen, seine Zustimmung zum Verfassungsvertragsentwurf
vom 12. Mai 2005 "als erledigt aufzuheben". Die Grünen fordern
die Bundesregierung in ihrem Antrag (
16/3327) auf, den Verfassungsprozess wieder
anzustoßen und dabei die Rechtsverbindlichkeit der
Grundrechtecharta sowie die Mehrheitsentscheidungen im Rat, die
Einführung der doppelten Mehrheit und des europäischen
Außenministers zu bewahren. Sie regen ferner eine Zweiteilung
des Vertrages an: in einen reinen Verfassungsvertrag, der die
Grundrechte und die institutionellen Fragen umfasst, und in einen
Ausführungsvertrag mit detaillierten Regelungen zu den
einzelnen Politikfeldern. Wichtig sei zudem eine öffentliche
Debatte über die Zukunft der EU. Nach Vorstellungen der
Fraktion Die Linke soll die Regierung während der
Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 "neue Ideen
entwickeln, die auch den Vorstellungen und Forderungen derjenigen
entgegenkommen, die den vorliegenden Verfassungsvertrag ablehnen".
Als Grundsätze in der Verfassung verankert sehen möchten
die Linksparlamentarier Demokratie, Rechts- und
Sozialstaatlichkeit. Dem Europaparlament will sie das Recht auf
Gesetzesinitiative und auf Mitsprache in allen Belangen der Union
einräumen. Gewählt werden soll das Parlament künftig
EU-einheitlich nach dem Verhältniswahlrecht. Die Linke wendet
sich dagegen, dass ihrer Auffassung nach "einseitige
interessengeleitete Paradigmen des Zeitgeistes wie die ?offene
Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb'" Verfassungsrang erhalten.
Dagegen solle der "zivile und nichtmilitärische Charakter der
gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union
festgeschrieben" werden. Bündnis 90/Die Grünen machen
sich in ihrem Antrag dafür stark, dass die Regierung die
Ratspräsidentschaft für eine klimapolitische Initiative
nutzt. So solle sie auf eine Verpflichtung der EU-Staaten
hinwirken, ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um 30 Prozent zu
reduzieren. Außerdem müsse sich die Regierung für
eine europäische Kerosinsteuer einsetzen. Im Bereich der
Außen- und Sicherheitspolitik sei es notwendig, den Weg
für eine neue Friedensperspektive für den Nahen Osten zu
bereiten, heißt es weiter. Zudem verlangen die Abgeordneten
den Einsatz der Regierung für eine menschenrechtsorientierte
europäische Asyl- und Einwanderungspolitik und eine
konsequente Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention.