Berlin: (hib/VOM) Pensionsfonds brauchen nach Meinung von Sachverständigen einen größeren Spielraum, um eine finanzielle Unterdeckung zu beseitigen. Dies wird aus Stellungnahmen deutlich, die zur heutigen öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Regierungsentwurf zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Finanzdienstleistungsgesetzes sowie anderer Vorschriften ( 16/1937) vorgesehen ist. Die Anhörung beginnt um 12 Uhr im Sitzungssaal 1.302 des Jakob-Kaiser-Hauses.
Ziel des Gesetzentwurfs ist es unter anderem, die Vorgaben der EU-Pensionsfondsrichtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorgung ist es dringend geboten, den deutschen Pensionsfonds ein Instrument zur Verfügung zu stellen, das im europäischen Umfeld wettbewerbsfähig ist. Dadurch würde die betriebliche Altersvorsorge gestärkt. Die deutschen Pensionsfonds würden für Versorgungspläne aus anderen EU-Ländern attraktiver gemacht. Die Arbeitsgemeinschaft hält die vorgesehenen Regelungen im Falle einer Unterdeckung eines Pensionsfonds, die nicht wie Versicherungen aufgebaut sind, für zu rigide. Geplant ist, dass Unternehmen, die laufende Renten und Anwartschaften in nichtversicherungsförmige Pensionsfonds übertragen wollen, bei fehlenden Deckungsmitteln zu einem "Nachschuss" verpflichtet werden. Dadurch soll das Sicherungsvermögen jederzeit, also auch innerhalb eines Jahres, ausreichend gedeckt sein. Stellt sich eine Unterdeckung heraus, muss sie "unverzüglich" ausgeglichen werden. Für die Arbeitsgemeinschaft folgt daraus, dass die Nutzung dieser Pensionsfonds erheblich behindert wird, wenn es darum geht, Pensionsverpflichtungen zu übertragen. Stattdessen benötigten die Unternehmen gesetzliche Regelungen, die ihren Spielraum nicht übermäßig einengen. Die EU-Richtlinie gebe keine festen Werte für die Ausgestaltung einer Nachschusspflicht vor, heißt es in der Stellungnahme. Vorgeschlagen wird, dass bei einer Unterdeckung von bis zu maximal zehn Prozent der Deckungsrückstellung ein Sanierungsplan mit der Aufsichtsbehörde abgestimmt werden muss. Dieser solle es ermöglichen, Nachschusszahlungen über einen Zeitraum von maximal zehn Jahren zu strecken.
Ähnlich äußern sich die Pensionsfonds AG und die Deutsche Telekom AG. Nach Meinung der Pensionsfonds AG sollten Unternehmen bei schlechter Wertentwicklung nicht sofort gezwungen werden, Liquidität aufgeben zu müssen. Die vorgesehene zeitlich enge Pflicht könnte das Unternehmen in Schwierigkeiten bringen. Die Erfahrung zeige, dass selbst starke Wertverluste in einer überschaubaren Zeitspanne wieder aufgeholt werden könnten. Die Pensionsfonds AG schlägt vor, dass der Zeitraum, um die volle Deckung wieder herzustellen, zehn Jahre nicht überschreiten darf. Auch die Deutsche Telekom AG sieht die Gefahr, dass die jetzige Regelung das Ziel verfehlt, deutsche Pensionsfonds im europäischen Vergleich wettbewerbsfähiger zu machen. Die geforderte unterjährige Prüfung, ob eine volle Deckung gegeben ist, sei vor allem für kleine Pensionsfonds nur schwer umsetzbar. Auf eine "unterjährige Nachschusspflicht" sei daher zu verzichten. Stattdessen wird ein "ausreichend langer Zeitraum" für Nachschusszahlungen der Unternehmen vorgeschlagen. Solche Zahlungen sollten nur notwendig sein, so die Telekom, wenn die erwarteten Renditen auf Dauer nicht erzielt werden. Das Unternehmen schlägt ein Zwei-Stufen-Konzept vor, bei dem in der ersten Stufe die Unterdeckung an die Aufsichtsbehörde gemeldet werden muss. In einer zweiten Stufe wäre innerhalb eines Zeitraums von bis zu zehn Jahren ein Ausgleich herzustellen. Ein solcher Ausgleichsplan müsste mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht abgestimmt werden, heißt es in der Stellungnahme.
Zur Haftung der verantwortlichen Aktuare (Versicherungsmathematiker) nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz äußert sich die Deutsche Aktuar-Vereinigung. Nach geltender Rechtslage sei die Haftung des Aktuars gegenüber dem Versicherungsunternehmen der Höhe nach unbegrenzt. Vorgeschlagen wird nun, die Haftung für fahrlässige Verstöße gegen die gesetzlichen Pflichten des Aktuars analog zur Regelung für den Abschlussprüfer nach dem Handelsgesetzbuch auf 1 Million Euro und bei börsennotierten Unternehmen auf 4 Millionen Euro zu beschränken. Dies hätte den Vorteil, heißt es, dass gleiche Standards für alle verantwortlichen Aktuare in Deutschland gelten. Auch würde eine mögliche wirtschaftliche Überforderung des verantwortlichen Aktuars vermieden. Damit könnten Regressansprüche gegen ihn im Schadensfall besser versichert werden.
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