Berlin: (hib/WOL) Im Interesse der
bestmöglichen Terrorismusbekämpfung sollen Polizeien und
Nachrichtendienste von Bund und Ländern künftig
wesentlich enger zusammenarbeiten. Der Innenausschuss hat am
Mittwoch den Gesetzentwurf der Regierung für das
Gemeinsame-Dateien-Gesetz (
16/2950) mit den Stimmen von CDU/CSU und der
SPD gegen das Votum der Oppositionsfraktionen dem Bundestag zur
Annahme empfohlen. Damit wird die Errichtung einer standardisierten
zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Diensten von
Bund und Ländern Realität. Mit diesem auf zehn Jahre
befristeten und nach fünf Jahren zu evaluierenden Gesetz
werden 38 beteiligte Behörden verpflichtet, ihre Daten
über konkrete Anhaltspunkte und Erkenntnisse zu
terroristischen Aktivitäten von Personen oder Vereinigungen in
die gemeinsame Antiterrordatei einzuspeisen. Im Fokus stehen
Personen oder Personengruppen, die einer terroristischen
Vereinigung angehören oder sie unterstützen, die
rechtswidrig Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer und
religiöser Belange anwenden oder terroristische
Gewaltanwendung ausüben, vorbereiten, befürworten oder
vorsätzlich hervorrufen. Erfasst werden sollen auch Personen,
die mit den erstgenannten in Verbindung stehen, weil dadurch
Hinweise zur Aufklärung oder Bekämpfung des Terrorismus
gewonnen werden können. Als Neuerung wurde von der Koalition
hervorgehoben, dass beteiligte Behörden durch den
"automatisierten Zugriff" unmittelbar erfassen können, ob es
zu eigenen Erkenntnissen auch bei anderen Behörden dazu
Anhaltspunkte gibt. Beim Zugriff wird zwischen einer Index-Datei
und einer umfassenden "erweiterten Datei" unterschieden. So kann
auf Grund der besonderen Schutzwürdigkeit geheimdienstlicher
Tätigkeiten und Erkenntnisse eine entsprechende
"Treffer-Meldung" unterbleiben. In diesem Fall obliegt es der
jeweiligen Dienststelle, über ihre Erkenntnisse von sich aus
Kontakt zur anfragenden Stelle aufzunehmen oder dies wegen
besonders schutzwürdiger Interessen zu unterlassen. Die Datei
umfasst unter anderem Kommunikationsgeräte, Bankverbindungen,
Familienstand, zugelassene oder genutzte Fahrzeuge,
Religionszugehörigkeit, Kenntnisse oder Fertigkeiten mit
Sprengstoffen oder Waffen, gegenwärtige oder frühere
Tätigkeiten, bestehende Fahr- und Flugerlaubnisse, besuchte
Orte oder Gebiete oder Angaben zu bestimmten Vereinigungen oder
Gruppierungen. Der Zugriff auf die erweiterten Grunddaten soll
einer anfragenden Behörde auf Ersuchen der eingebenden
Behörde unter bestimmten strengen Voraussetzungen gewährt
werden. Einen unmittelbaren Zugriff auf erweiterten Daten soll es
ausschließlich im "Eilfall" geben - wenn es um die Abwehr
einer akuten Gefahr geht und die Datenübermittlung nicht
rechtzeitig erfolgen kann. Der Definition und Regelung des
"Eilfalles" galten vor allem die Bedenken der Opposition. Sie
befürchtet, dass der Eilfall bald zum Regelfall wird.
Kritisiert wurde im Weiteren eine Regelung, wonach die von den
Ländern gewünschte Möglichkeit, in bestimmten
Fällen weitere Polizeibehörden in den automatisierten
Zugriff einzubeziehen, von der Zustimmung des
Bundesinnenministeriums abhängig sein soll. FDP,
Bündnisgrüne und Linke begründeten die entschiedene
Ablehnung der Antiterrordatei insgesamt damit, dass die
eingearbeiteten Änderungsanträge der Koalition erst drei
Wochen nach der Anhörung und nach zwei ergebnislos
verstrichenen Berichterstatterrunden am gestrigen Dienstagabend
übersandt wurden und damit weder eine Abstimmung mit ihren
Fraktionen noch eine Verhandlung fraglicher Punkte mit der
Koalition vor der abschließenden Beratung im Innenausschuss
möglich war. Zudem seien auch inhaltliche Bedenken etwa zur
Aufnahme von Personendaten der Kontaktpersonen auf Grund
mangelhafter Definition und andere wichtige Details nicht oder
nicht ausreichend berücksichtigt worden. Sämtliche
Anträge und Änderungsanträge von FDP(
16/2671), Bündnis 90/Die Grünen (
16/2071,
16/2072,
16/2081) und der Linken wurden mit
Koalitionsmehrheit abgelehnt. Ebenfalls mit den Stimmen der
Koalition gegen die Opposition wurde das
Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (
16/2921) zur Annahme im Bundestag empfohlen.
Bei dem auf fünf Jahre befristeten und zu evaluierenden Gesetz
geht es im Wesentlichen darum, allen beteiligten
Polizeibehörden und Nachrichtendiensten die gleichen
Auskunftsrechte und Befugnisse zu erteilen. Analog zu der bislang
dem Zoll gewährten Befugnis zur Sicherstellung bei
Geldwäscheverdacht werden diese Möglichkeiten auch auf
Fälle des Terrorismusfinanzierungsverdachts übertragen.
Außerdem können nun auch Nachrichtendienste
Auskünfte zu Fahrzeug- und Halterdaten aus dem zentralen
Fahrzeugregister automatisiert abrufen. Im Weiteren hat die
Regierung erklärt, dass sie bei konkretem Terrorismusverdacht
den Diensten auch das Instrument des großen Lauschangriffs in
einem gesonderten Gesetzesvorhaben ermöglichen will.