Berlin: (hib/WOL) Eine grundsätzliche
Überprüfung der Abschiebungshaft, der rechtlichen
Grundlagen und der Inhaftierungspraxis in Deutschland fordert die
Linksfraktion in einem Antrag (
16/3537). Die Abgeordneten nehmen die
Verleihung des Aachener Friedenspreises an den Verein "Hilfe
für Menschen in Abschiebehaft Büren e. V." sowie einen
vertraulichen Bericht des Antifolterkomitees des Europarates zum
Anlass für ihre Initiative. Danach verfügt keine der
besuchten deutschen Haftanstalten über eine dem rechtlichen
Status von Abschiebehäftlingen angemessenen Zustand. Die
Haftbedingungen führten zu Depressionen und Verzweiflungstaten
der Insassen, die nicht wegen einer Straftat inhaftiert seien,
sondern nur, um ihre "Abschiebung sicherzustellen". Einer
Dokumentation zufolge seien zwischen 1993 und 2005 insgesamt 49
Flüchtlinge in deutschen Haftanstalten gestorben, weitere 393
Menschen hätten sich zum Teil schwer verletzt bei dem Versuch,
sich umzubringen oder gegen ihre drohende Abschiebung etwa durch
Hungerstreik zu protestieren. Die Bundesregierung soll auf der
Grundlage der verfassungsrechtlichen Menschenwürde der
Freiheit der Person, der Rechtstaatlichkeit und der
Verhältnismäßigkeit staatlichen Handels die
Abschiebungshaft als Mittel zur Durchsetzung abschaffen. Eine
Abschiebungshaft sei allenfalls für eine sehr kurze Zeit
verhältnismäßig und eine mehrtägige
Inhaftierung in der Regel unzulässig, wenn eine Abschiebung
nicht unmittelbar vollzogen werden kann. Minderjährige,
Behinderte, psychisch oder physisch Kranke, Schwangere, Eltern mit
Kindern und andere besonders schutzbedürftige Personen
dürften keinesfalls in Abschiebehaft genommen werden.
Gesetzlich sei auch klarzustellen, dass keine Abschiebungshaft
verhängt werden darf, wenn sich die Betroffenen eine
Abschiebung erkennbar nicht entziehen wollen.