Berlin: (hib/AS) Der Reformprozess in der Türkei hat sich verlangsamt, aber auch die neue türkische Regierung geht weiter auf dem Weg in Richtung Europa. Diese Einschätzung vertrat der Leiter der EU-Generaldirektion für Erweiterung, Michael Leigh, am Donnerstag vor dem Europaausschuss. Leigh nahm dort zu den Fortschritts- und Monitoring-Berichten für die EU-Beitrittskandidaten Stellung. Hinsichtlich der Türkei sagte er weiter, dass es Fortschritte gegeben habe, es aber nach wie vor Themen gebe, die auf den Verhandlungen "schwer lasten" würden. Als Beispiele nannte er neben der Zypernfrage den Artikel 301 des türkischen Strafgesetzbuches, der bezüglich der Meinungsfreiheit nicht im Einklang mit europäischen Standards stehe. Als positive Entwicklungen führte er die zivile Kontrolle über das Militär und die Religionsfreiheit an. Insgesamt betonte er jedoch, dass es sich bei den Verhandlungen um einen "mittel bis langfristigen Prozess" handle.
Kroatien hat bei den Beitrittsverhandlungen nach Ansicht Leighs "bedeutende Fortschritte" gemacht. 2008 sei dabei eine entscheidende Phase, da bis Ende nächsten Jahres alle Kapitel eröffnet sein sollten. Trotzdem gebe es weiter Schwächen: Neben einer zu langsamen Justizreform führte er auf, dass es sowohl bei der Bekämpfung der Korruption als auch bei den Kriegsverbrechen, die innerhalb Kroatiens verhandelt werden sollten, weiter Defizite zu beklagen gebe. Im wirtschaftlichen Bereich stellten staatliche Beihilfen oder die noch fehlende Umstrukturierung bei Werften oder in der Stahlindustrie ein weiteres Hindernis für einen Beitritt dar.
Zurückhaltend zeigte sich Leigh hinsichtlich einer zügigen Aufnahme von konkreten Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien. "Die Analyse zeigt, dass in den letzten 12 Monaten die demokratischen Institutionen nicht gut funktioniert haben", sagte Leigh. Insgesamt sei die EU mit dem Erweiterungspaket zufrieden, erklärte er. Es müsse jedoch sichergestellt werden, dass die Verhandlungen mit Strenge durchgeführt würden.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Michael Klein, Dr.
Susanne Kailitz, Dr. Volker Müller, Monika Pilath, Günter
Pursch, Annette Sach, Bernadette Schweda, Alexander Weinlein,
Siegfried F. Wolf