Berlin: (hib/VOM) Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Linksfraktion hat der Wirtschaftsausschuss am Mittwochmittag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung und des Lebensmittelhandels ( 16/5847) in geänderter Fassung angenommen. Das Gesetz soll am morgigen Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden. Damit sollen den Kartellbehörden effektivere Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, gegen Preismissbrauch vorzugehen. Auf dem Energiesektor sollen die Kartellbehörden das im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verankerte Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung besser durchsetzen können. Konkret dürfen Energieversorger keine Entgelte oder sonstigen Geschäftsbedingungen fordern, die ungünstiger sind als jene anderer Versorgungsunternehmen oder von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten, es sei denn, das Unternehmen kann nachweisen, dass die Abweichung sachlich gerechtfertigt ist. Bis Ende 2012 befristet werden soll eine Regelung, dass die Entgelte die Kosten nicht in "unangemessener Weise" übersteigen dürfen. Darüber hinaus ist vorgesehen, das Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis im Lebensmittelhandel zu verschärfen, um kleinere und mittlere Einzelhändler zu schützen. Nun soll auch der gelegentliche Verkauf von Lebensmitteln unter Einstandspreis untersagt werden, da große Handelsunternehmen durch Niedrigpreisstrategien einen Druck ausüben könnten, bei dem kleine und mittlere Einzelhändler mit ihren ungünstigeren Einkaufsbedingungen nicht mithalten können.
Durch ihren Änderungsantrag haben die Koalitionsfraktionen den Kreis der geschützten Unternehmen beim Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis erweitert. Geschützt werden sollen sämtliche Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, vor Forderungen von Vorzugskonditionen, wenn sie von dem Unternehmen, das diese Konditionen fordert, abhängig sind. Eine "unbillige Behinderung" des Wettbewerbs soll dann vorliegen, wenn ein marktmächtiges Unternehmen im Wettbewerb mit seinen Abnehmern um die Endverbraucher zu Preisen anbietet, die niedriger sind als jene, die es von den von ihm belieferten kleinen und mittleren Unternehmen verlangt. Die SPD-Fraktion nannte als Beispiel Mineralölkonzerne mit eigenem Tankstellennetz, die durch Niedrigpreise mittelständische Tankstellen vom Markt verdrängen könnten. Eingeschränkt wurde auch die vorgesehene Beweislastumkehr auf dem Energiesektor. Danach müssen Unternehmen gegenüber dem Kartellamt darlegen, dass ihre Preisbildung sachlich gerechtfertigt ist. Um zu verhindern, dass die Beweislast in Kartellzivilverfahren die Versorgungsunternehmen "über Gebühr belastet", soll die Beweislastumkehr nur in Verfahren vor den Kartellbehörden und den gerichtlichen Kontrollverfahren gelten, nicht jedoch in Kartellzivilprozessen, um einer Prozessflut vorzubeugen.
Nach Auffassung der Union gibt es zur GWB-Novelle keine Alternative. Die Anhörung des Wirtschaftsausschusses habe ergeben, dass es "erhebliche Monopolaufschläge" von bis zu 9,5 Milliarden Euro gebe, die den Verbrauchern "aus der Tasche gezogen" würden. Die Investitionskosten der Versorger könnten bei einer kartellrechtlichen Prüfung berücksichtigt werden, sie müssten allerdings von ihnen dargelegt werden. Auch auf einem Wettbewerbsmarkt seien Investitionen möglich, wandte sich die Fraktion gegen Aussagen führender Energiekonzerne. Aus Sicht der SPD stellt sich auch die Frage, ob ein politischer Wille gegen Schlüsselindustrien noch durchgesetzt werden kann oder nicht. Die Energiepreise sollten ein sozialverträgliches Maß nicht übersteigen. Die Linksfraktion begründete ihre Zustimmung damit, dass jeder Schritt gegen den Missbrauch von Marktmacht ein Schritt in die richtige Richtung sei. Eine staatliche Preisaufsicht wäre allerdings "der bessere Weg". Die FDP befürchtete, dass mit dem Gesetz neue Markteintrittsbarrieren geschaffen werden könnten. Die auch von der EU geforderte Entflechtung von Netzbetrieb und Energieproduktion wäre wesentlich wirksamer, um Wettbewerb herzustellen, so die Fraktion, die von einer "Placebo-Gesetzgebung" sprach. Bündnis 90/Die Grünen hielten strukturelle Veränderungen am Energiemarkt für erforderlich. Mit der Novelle werde der Druck für mehr Wettbewerb auf den Energiemärkten weggenommen. Wenn jetzt der Markteintritt neuer Wettbewerber erschwert werde, werde man auch 2012 keinen funktionierenden Wettbewerb haben. Die Bundesregierung erklärte, man dürfe den Ansatz nicht akzeptieren, Investitionen der Energieversorger wären nicht mehr möglich, wenn ihnen die Monopolrendite nicht belassen werde.
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