SUDAN
Präsident Al Baschir soll sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten
Nur mit breiter Unterstützung der Völkergemeinschaft wird der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag seine Aufgabe erfüllen können: Das wurde bereits unmittelbar nach seinem Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al Baschir deutlich, mit dem erstmals ein amtierender Staatschef für Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen wird. Denn weltweit sind die Reaktionen gespalten: Während Vertreter des Westens die Entscheidung verteidigen, wird sie von Russland und China sowie einigen afrikanischen Staaten kritisiert. Kenias Außenminister Moses Wetangula bezeichnete es als "unwürdig", einen amtierenden Präsidenten anzuklagen. Die Afrikanische Union merkte an, dass der Strafgerichtshof momentan nur gegen Afrikaner ermittle. In der Hauptstadt Khartum demonstrierten Tausende Menschen gegen den Haftbefehl, den Baschir selbst ein "Instrument des Neo-Kolonialismus" nannte.
Das Gericht stellte den Haftbefehl wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in dem sechs Jahre währenden Krieg in Darfur aus. 300.000 Menschen sind ihm bisher zum Ofer gefallen, rund 2,5 Millionen wurden vertrieben. Der Strafgerichtshof kann zwar keine Verhaftung im Heimatland erzwingen. Betroffene müssen aber mit einer Festnahme rechnen, sobald sie sich in ein Land begeben, dass die Statuten des Gerichtshofs anerkannt hat. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte den Sudan auf, die Entscheidung zu respektieren. Währenddessen verfügte die Regierung in Khartum die Ausweisung von rund zehn Hilfsorganisationen. "Ärzte ohne Grenzen" hat bereits mehr als 70 Mitarbeiter aus Darfur abgezogen. Die britische Organisation Oxfam warnte vor katastrophalen Folgen für Hunderttausende Vertriebene.
Auch aufgrund derart heftiger und auch befürchteter Reaktionen von sudanesischer Seite kommentierte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon den Haftbefehl zurückhaltend. Russland sieht durch diesen Schritt zudem den Friedensprozesses im Sudan gefährdet. Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates könnte Moskau auf eine Aussetzung des Haftbefehls hinwirken.
Die Vorsitzende des Menschenrechtsaus-schusses im Bundestag, Herta Däubler-Gmelin, begrüßte den Haftbefehl gegen Baschir hingegen ausdrücklich. Das Gericht habe "Geschichte geschrieben", indem es entschieden habe, dass auch amtierende Staatspräsidenten nicht über dem Völkerrecht stünden. Nun, betonte die SPD-Abgeordnete, komme es darauf an, "dass die Vereinten Nationen diesen Haftbefehl auch durchsetzen." Robert Luchs