LANDWIRTSCHAFT
Bundesregierung soll Strategie zur Entwicklung der ländlichen Räume entwickeln
Den Bauern geht es so gut wie seit langem nicht mehr. Damit dies so bleibt oder sogar noch besser wird, haben die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD einen Antrag "Unsere Verantwortung für die ländlichen Räume" ( 16/5956 ) erarbeitet, über den der Bundestag am 13. Dezember debattierte.
Hauptforderung ist: Die Bundesregierung soll die Erarbeitung einer nationalen Strategie zur Förderung und Entwicklung der ländlichen Räume koordinieren. Dazu soll sie unter anderem gemeinsam mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden klären, in wieweit integrierte, bereichsübergreifende Konzepte zur Entwicklung der ländlichen Räume verstärkt angewandt und gefördert werden können.
Zudem soll sie sich auch zukünftig im Rahmen der Weiterentwicklung der bewährten EU-Förderungspolitik für die Stärkung der ländlichen Räume einsetzen und die finanzielle Situation der ländlichen Kommunen und ihre besonderen Aufgaben für die Infrastruktur und Umweltpolitik gesondert berücksichtigen. Durch zügige Umsetzung der Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplanes soll für eine bessere Erschließung des ländlichen Raumes gesorgt werden. Dabei sollen die Möglichkeiten des Planungsbeschleunigungsgesetzes konsequent genutzt werden.
Schließlich wird die Regierung aufgefordert, den Tourismus als einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor in den ländlichen Regionen zu stärken, national und international intensiver für die touristischen Angebote zu werben und nachhaltige und naturnahe Formen des Landurlaubs sowie den Urlaub auf dem Bauernhof als Nebenerwerbsmöglichkeit stärker zu fördern.
Ländlicher Raum - das klingt nach Provinz. Aber er ist auch ein bedeutender Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum. Ungefähr 65 Prozent der Bevölkerung leben außerhalb der Großstädte. Mehr als 75 Prozent aller Gemeinden in Deutschland haben weniger als 5.000 Einwohner. Von 3,5 Millionen Wirtschaftsbetrieben befindet sich der überwiegende Teil in Gemeinden und Mittelstädten. Auch der überwiegende Teil der 40.000 Schulen, der rund 2.200 Krankenhäuser und der über 5.500 Bahnhöfe sind dort.
Es lohnt sich also, dort etwas zu tun. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) wies in der Debatte auf eine Studie hin, nach der man zur Vermeidung von Doppelinvestitionen den Menschen eine Prämie dafür zahlen sollte, dass sie in städtische Gebiete umsiedeln. "Wir sind nicht für eine solche Fluchtprämie", sagte er. Allen Teilgebieten in Deutschland müsse die Chance eröffnet werden, dass Menschen dort leben und arbeiten können. Stadt und Land sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Der alte Satz "Stadt und Land - Hand in Hand" sei auch in Zeiten der Globalisierung richtig. Deshalb werde die Regierung dazu beitragen, der deutschen Landwirtschaft eine gute Perspektive zu geben. Es müsse alles unternommen werden, dass Deutschland nicht auch im Bereich der Nahrungsmittelproduktion in größerem Umfang von Importen abhängig werde.
Christel Happach-Kasan (FDP) sprach sich für ein integriertes Konzept aus. "Ich warte gespannt darauf", sagte sie. Sie konstatierte, dass die Einkommen der Landwirte in den letzten Jahren gestiegen seien. Dieses lägen aber je Familienarbeitskraft im Schnitt noch immer unter dem Vergleichslohn in der gewerblichen Wirtschaft. Auch das sei eine Schwäche der ländlichen Räume. Dass es den Landwirten jetzt besser gehe, sei auf eine weltweit gestiegene Nachfrage zurückzuführen. "Ein insgesamt schwacher Minister fällt da nicht mehr weiter ins Gewicht", meinte die FDP-Abgeordnete.
Für Ulrich Kelber (SPD) gibt es noch viele Chancen für den ländlichen Raum. So gebe es einen breit aufgestellten Mittelstand. Dieser gewährleiste mit den vielen Dienstleistungen in der Zukunft verstärkte wirtschaftliche Möglichkeiten. Allerdings müsse noch was in der Infrastruktur getan werden. So müsse die Politik einfordern, dass über die verschiedenen Modelle des Breitbandzugangs auch jede Privatperson wenigstens im Megabitbereich Zugang erhalten könne. Wo die Versorgung nicht über Kabel gewährleistet werden könne, müsse es über Funk oder Satellit geschehen.
"Die ländlichen Räume stehen auf der Kippe", meinte Kirsten Tackmann von der Linksfraktion. Es bröckele in der Infrastruktur. Am meisten fehlte jedoch existenzsichernde Arbeit. Dies habe auch mit politischen Fehlentscheidungen zu tun. Weiter setzte sie sich für so genannte Arbeitgeberzusammenschlüsse ein, bei der verschiedene Betriebe gemeinsame Pools an qualifizierten Arbeitsplätzen bildeten. Dies sei in Frankreich sehr erfolgreich.
Für Cornelia Behm (Bündnis 90/Die Grünen) bleibt der Beitrag schwarz-roter Agrarpolitik zu dem Aufschwung "wohl auf immer ein Geheimnis der Großen Koalition". Der Energieboom und der Bioboom seien nicht zuletzt Folgen Politik der der rot-grünen Koalition. "Wir wollen eine Agrarpolitik, die konsequent auf mehr Arbeitsplätze setzt; denn das Leben auf dem Land ist für die Menschen nur dann attraktiv, wenn sie dort auch ihr Brot verdienen können", sagte sie.
Franz-Josef Holzenkamp (CDU) bezifferte den Umsatz der Agrarindustrie auf insgesamt 550 Milliarden Euro pro Jahr. Das sei doppelt so viel wie in der Automobilindustrie. Außerdem gebe es 4,5 Millionen Arbeitsplätze im ländlichen Raum - mit steigender Tendenz. Daran könne man sich ein Beispiel nehmen.