Berlin: (hib/WOL) Nach
Gesetzgebungsinitiativen von FDP (
16/474) und Bündnis90/Die Grünen (
16/680) hat nun auch die Linksfraktion einen
Gesetzentwurf vorgelegt, in dem sie die Einführung einer
dreistufigen Volksgesetzgebung in das Grundgesetz (GG) fordert (
16/1411). Die drei Vorlagen werden am
Donnerstag im Bundestag beraten. Die Linksfraktion führt in
ihrer Initiative an, dass nach Artikel 20 GG die Staatsgewalt vom
Volke in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt wird. Der Begriff
Abstimmungen lasse im GG zwar grundsätzlich auch direkte
Entscheidungen von Wahlberechtigten über die Ausrichtung der
Politik zu, sei aber nach herrschender juristischer Auslegung nur
ausnahmsweise möglich. Ein Indiz für die derzeit geringe
Wahlbeteiligung sei das Gefühl der Bürgerinnen und
Bürger, von politischen Entscheidungen ausgeschlossen zu sein.
So zeige etwa die Erfahrung aus dem zivilgesellschaftlichen
Engagement ein verantwortungsbewusstes Verhalten der Bürger
bei ihnen übertragenen Aufgaben. Mit einer dreistufigen
Volksgesetzgebung durch Volksinitiative, Volksbegehren und
Volksentscheid soll eine entsprechende Volksgesetzgebung im
Grundgesetz verankert werden. Mit der "Volksinitiative" sollen
100.000 Wahlberechtigte Gesetzesvorlagen und Gegenstände
politischer Willensbildung in den Bundestag einbringen können.
Ausgeschlossen sollen Initiativen sein, die ein Grundrecht in
seinem Wesensgehalt antasten. Auch Initiativen zum Haushalt, zur
Gliederung des Bundes in den Ländern, zur grundsätzlichen
gesetzgeberischen Mitwirkung der Länder und zu den
niedergelegten Grundsätzen in den Artikeln 1 und 20 des GG
sollen unzulässig sein. Das Bundesverfassungsgericht soll
angerufen werden, wenn ein Drittel der Bundestagsabgeordneten
Bedenken gegen eine ins Parlament eingebrachte Volksinitiative hat.
Ein "Volksbegehren" soll frühestens zwei Monate nach dem
Zeitpunkt eingeleitet werden können, an dem das Parlament eine
Volksinitiative abgelehnt hat. Ein Volksbegehren kommt dann
zustande, wenn ihm mindestens eine Million Wahlberechtigte
innerhalb von sechs Monaten zugestimmt haben. Ein Volksbegehren zur
Änderung des Grundgesetzes soll die Zustimmung von zwei
Millionen Wahlberechtigten erfordern. Die Ablehnung eines
parlamentarischen Gesetzes durch ein Volksbegehren ist dann
erfolgreich, wenn dieses noch nicht vom Bundespräsident
ausgefertigt wurde und mindestens 500.000 Wahlberechtigte innerhalb
von drei Monaten unterzeichnet haben. Ausgenommen davon wird die
Haushaltsgesetzgebung. Ein "Volksentscheid" soll schließlich
stattfinden, wenn der Bundestag nicht innerhalb von einer Frist von
drei Monaten einem Volksbegehren entspricht. Dabei können die
Bundestagsfraktionen eigene Gesetzesvorlagen zum selben Gegenstand
mit zur Abstimmung stellen. Außerdem soll das Parlament mit
seiner Mehrheit beschließen können, einen Volksentscheid
zu einem von ihm behandelten politischen Gegenstand
durchführen zu lassen. Drei Wochen nach Festlegung eines
Wahltermins zum Deutschen Bundestag sollen die Fraktion das Recht
haben, eine Sachfrage zur Abstimmung am Wahltermin vorzuschlagen.
Das Bundesverfassungsgericht soll dann entscheiden, ob die Antwort
mit Ja oder Nein grundgesetzkonform ist. Der Bundestag ist dann
für die Wahlperiode an die Entscheidung der Bürger in
dieser Frage gebunden.