Vorschriften für mehr Schutz von Journalisten
überwiegend bejaht
Rechtsausschuss (Anhörung) - 25.10.2006
Berlin: (hib/BOB) Die Mehrzahl der
eingeladenen Sachverständigen stimmte am Mittwoch
grundsätzlich den beiden von FDP und Bündnis 90/Die
Grünen vorgelegten Gesetzentwürfen zu, dass es
gesetzlicher Änderungen zum Schutz der Pressefreiheit bedarf.
Bei einer Anhörung des Rechtsausschusses betonte Benno H.
Pöppelmann, der Verleger- wie Journalistenverbände
vertrat, man habe bereits vor vier Jahren deutlich gemacht, dass
die damalige Reform nicht weit genug ging, um Informationen der
Journalisten adäquat vor Ausforschung staatlicher Stellen zu
schützen. Liberale und Grüne griffen diese Kritik nun
auf. Zu begrüßen sei unter anderem, dass nur ein Richter
darüber entscheiden soll, ob Materialien eines Journalisten
beschlagnahmt werden könne. Pöppelmann wies darauf hin,
auch bei Durchsuchungen und Beschlagnahmen in Redaktionen oder
Arbeitsräumen von Journalisten werde das Grundrecht der
Pressefreiheit erheblich eingeschränkt. Sie seien
Zwangsmaßnahmen, die die Pressefreiheit von Journalisten
empfindlich beschränken. Conrad Schraube vom Hessischen
Rundfunk teilte dieses Anliegen. Er sprach sich im diesem
Zusammenhang nachdrücklich für das Vorliegen eines
"dringenden Tatverdachts" aus, um eine Beschlagnahme im Falle von
Zeugnisverweigerungsberechtigten, die einer Straftat
verdächtig sind, zu rechtfertigen. Ein "einfacher"
Tatverdacht" genüge nicht, wie es zu Recht im FDP-Entwurf
heiße. Er plädierte darüber hinaus dafür,
Journalisten in den Kreis derjenigen aufzunehmen, die ein
Zeugnisverweigerungsrecht zum Beispiel über geführte
Telefongespräche hätten. Bundes- und Landtagsabgeordnete,
Geistliche und Anwälte hätten dieses Recht schon jetzt.
Professor Bodo Pieroth von der Universität Münster machte
deutlich, zwar sei es fraglich, ob mit der vorgeschlagenen
Gesetzesänderung tatsächlich eine substanzielle
Verbesserung des Redaktionsgeheimnisses und des Schutzes der
journalistischen Recherche vor Beschlagnahmen durch staatliche
Strafverfolgungsbehörden erreicht werden könne. Aber eine
Eignung, den Schutz der Pressefreiheit vor willkürlichen und
ungerechtfertigten Beschlagnahmen zu verbessern, sei der Vorschrift
nicht abzusprechen. Roger Mann von der Anwaltssozietät
Damm&Mann aus Hamburg wies darauf hin, dass die
Verhältnismäßigkeitsprüfung in Beschlagnahme-
und Durchsuchungsbeschlüssen bisher bestenfalls formelhaft
begründet sei. Selbst eine fehlende Begründung zur
Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung habe keine
Sanktion zur Folge. Die Beschlüsse seien kaum begründet;
das Verfahren sei eine "Farce". Eine verschärfte
Begründungspflicht sei vom Ansatz her zu begrüßen.
Er bezweifle jedoch, dass der Zweck damit erreicht werden
könne. Professor Frank Saliger von der Bucerius Law School aus
Hamburg erklärte, die Kriminalisierung der
Medienangehörigen verstoße gegen die Verfassung. Der
Schutz der Pressefreiheit sei durch die bestehende Gesetzes- und
Rechtslage im Straf- und Strafprozessrecht "nicht in jeder
Hinsicht" ausreichend gewährleistet. Die von FDP und
Grünen vorgelegten Gesetzentwürfe überzeugten
allerdings nur soweit, als sie in Reaktion auf die in zum Teil
spektakulären Fällen zu Tage getretenen Defizite
"maßvolle Abhilfe" böten. Rechtsanwalt Professor
Alexander Ignor sagte, er begrüße die Vorschläge
von FDP und Grünen. Sie seien geeignet, eine bestimmte
Strafverfolgungspraxis zu unterbinden. Es gebe eine
Ermittlungspraxis, dass Strafverfolgungsbehörden gegen
Journalisten Beihilfevorwürfe "konstruierten", um die - oft in
Behörden sitzenden - Informanten zu ermitteln. Dies sei
"problematisch und beanstandungswürdig". Oberstaatsanwalt
August Stern aus München war der Meinung, der Schutz der
journalistischen Recherche sei ausreichend gewährleistet. Es
bestehe insofern keine Notwendigkeit, den gegenwärtigen
Rechtszustand zu verändern. Stern hielt demzufolge eine
über die bestehende Rechtslage hinausgehende Freistellung von
Journalisten oder Medienunternehmen von strafprozessualen
Maßnahmen für nicht geboten. Auch gegen eine von FDP und
Grünen vorgesehene besondere Regelung für die
Wohnräume von Journalisten zum Schutz ihrer publizistischen
Betätigung sprach sich der Sachverständige aus. Diese sei
unter dem Gesichtspunkt der Pressefreiheit nicht geboten. Dass das
Strafverfolgungsinteresse grundsätzlich hinter dem
Rechercheinteresse der Medien zurückzutreten hat, lasse sich
verfassungsrechtlich nicht begründen.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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