Berlin: (hib/BES) Entgegen einem weit
verbreiteten Klischee steht es um die Nutzung neuer
Kommunikationstechnologien (IKT) in den Entwicklungsländern
nicht schlecht. Zu diesem Schluss kommen in ihren Studien das
Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen
Bundestag (TAB) sowie das Zentrum für Entwicklungsforschung
der Universität Bonn, die am Mittwochvormittag im Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über
den Stand der Forschung in diesem Bereich am Beispiel Afrikas
berichteten. Der Mobilfunk sei eine "afrikanische
Erfolgsgeschichte", so ein TAB-Vertreter in der Sitzung. Diese
Technologie sei neben dem Rundfunk vor allem für ärmere
und bildungsferne Bevölkerungsschichten von Bedeutung.
Allerdings seien "extreme Unterschiede" zwischen den jeweiligen
Ländern und Regionen zu beobachten. Zehn bis 15 Prozent der
Bevölkerung in Afrika haben nach Angaben des TAB Zugang zum
Mobilfunk. Hinzu komme noch die vielfache sekundäre Nutzung.
Etwa 60 Prozent des Schwarzen Kontinents seien per Handy zu
erreichen. Als überraschend bezeichnete Hartmut Ihne,
Geschäftsführer des Zentrums für
Entwicklungsforschung, die Tatsache, dass die Förderung von
IKT für Nichtregierungsorganisationen (NRO) einen ähnlich
hohen Stellenwert wie die Förderung von Grundbedürfnissen
hat. Befragt wurden 183 Organisationen. Die Studie, die das Bonner
Zentrum für Entwicklungsforschung in Zusammenarbeit mit dem
Softwareentwickler SAP erstellt hat, bezieht sich vor allem auf die
NRO in der Region der Sub-Sahara. Dort sei die Verbreitung von
Computer, Internet, E-Mail und Mobilfunk durchgängig sehr
hoch. Allerdings sei die Bedeutung von ITK in der
Entwicklungszusammenarbeit noch "gnadenlos unterschätzt", so
Ihne. Beraten wurde in diesem Zusammenhang ein Antrag der
FDP-Fraktion(
16/4059), in dem sie eine Liberalisierung der
Telekommunikationsmärkte in den Entwicklungsländern
fordert. Damit solle die "digitale Spaltung" der Welt - davon sei
Afrika besonders stark betroffen - überwunden werden. Die
Liberalen sprechen sich für eine bessere Förderung des
Mobilfunks aus, der sich wegen der häufig unzuverlässigen
Stromversorgung, des weit verbreiteten Analphabetismus und der
unverhältnismäßig hohen Kosten für die
technische Ausrüstung im Festnetzbereich besonders gut
für die ärmeren Regionen der Entwicklungsländer
eigne. In der Frage der Finanzierung von ITK in armen Ländern
lehnt die FDP den freiwilligen Weltfonds für Digitale
Solidarität, der Anfang 2005 auf Initiative der Schweiz und
Senegals gegründet wurde, ab. Die Finanzierung des Fonds
erfolgt durch eine Abgabe in Höhe von einem Prozent der
Gewinne, die die in Entwicklungsländern tätigen
Telekommunikationsunternehmen erreichen. Für die FDP ist
ansonsten auch jede andere Form von Finanzierung durch Steuern
undenkbar, wenn sie von Firmen aufgebraucht werden, die in die
Telekommunikationsstruktur in Entwicklungsländern investieren.
Die FDP-Initiative, darunter vor allem der Finanzierungsansatz,
fand in der ersten Beratung keine Zustimmung im Ausschuss. Die
Union konnte zudem keine Entwicklung zum Nachteil des Mobilfunks
ausmachen. Die SPD beurteilte den Antrag als einen "Schnellschuss",
der nicht umfassend und gründlich genug sei. Als "absurd"
bezeichneten die Grünen die FDP-Kritik am Weltfonds für
Digitale Solidarität und die Fraktion Die Linke wandte sich
außerdem gegen die "völlige Liberalisierung und
Privatisierung" des IKT-Marktes.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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