Experten verlangen mehr Geld für den Schutz von
Tropenwäldern
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (Anhörung) - 23.05.2007
Berlin: (hib/BES) Die Internationale
Gebergemeinschaft muss dringend mehr Geld für den Schutz der
Tropenwälder aufbringen und die bürokratischen
Hürden bei der Mittelvergabe für Projekte abbauen. Dies
haben Waldschutzexperten in einer Anhörung im Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am
Mittwochmittag gefordert. In Vorbereitung auf den G8-Gipfel in
Heiligendamm, bei dem der Klimaschutz einer der Schwerpunkte sein
soll, wollten sich die Entwicklungspolitiker über neue
Finanzierungsinstrumente auf diesem Gebiet und bisherige
Erfahrungen mit Tropenwaldfonds, dem "Clean Development Mechanism"
(CDM) und der "Globalen Umweltfazilität" (GEF) informieren.
"Wir müssen schnell handeln und dürfen nicht bis 2012
warten", sagte Tasso Rezende de Azevedo, Generaldirektor des
Forstdienstes im brasilianischen Umweltministerium, im Hinblick auf
die vereinbarten Kioto-Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase. Im
brasilianischen Parlament gebe es eine "ganz wichtige" Debatte zum
Klimaschutz im Zusammenhang mit der Abholzung der Wälder, die
75 Prozent der Treibhausgasemissionen in Brasilien verursachten.
Azevedo unterstrich dabei, dass man die Abholzung nicht "als
unsinnige Aktivitäten" abtun dürfe. Dies sei ein
Entwicklungsmodell, das es auch in den Industrieländern
gegeben habe. "Um diesen Trend abzukehren, brauchen wir sehr viel
Energie", so Azevedo. Dafür müssten sich die
Verbrauchermuster ändern. Brasilien habe inzwischen einen
Multisektorplan erarbeitet, an dem 14 Ministerien beteiligt seien.
Als konkrete Ergebnisse führte der Umweltpolitiker an, dass
eine Million Kubikmeter Holz aus illegaler Abholzung beschlagnahmt
und 66.000 Landtiteldokumente entzogen worden seien. In den
vergangenen zwei Jahren sei die Abholzung um 50 Prozent
zurückgegangen. Es habe sich dabei herausgestellt, dass die
Bekämpfung der Abholzung sehr teuer sei. Etwa eine Milliarde
US-Dollar koste dies pro Jahr; "mehr als wir erwartet haben".
Azevedo beklagte in diesem Zusammenhang, dass die internationale
Gebergemeinschaft ihre Versprechungen aus Rio (1992) nur zu 25
Prozent erfüllt habe. Das seien "viel weniger Mittel als
notwendig". Alle Finanzierungsinstrumente seien "sehr
bürokratisch und langsam". Die Genehmigung dauere bis zu drei
Jahren. Notwendig seien nun finanzielle Anreize für den Schutz
der Wälder, deren Wert viel deutlicher herausgestellt werden
müsste. In die Projekte sollte auch der Privatsektor
einbezogen werden; die betroffenen Entwicklungs- und
Schwellenländer brauchten außerdem mehr Transfer von
moderner Technologie aus den Industrieländern, so die
Vorschläge Brasiliens. Aus Sicht von Martin Kaiser (Greenpeace
Deutschland) sollten mehr unbürokratische Kleinprojekte
gefördert werden. Zur Finanzierung des Tropenwaldschutzes
sollte eine Kombination aus öffentlichen Fonds und
Marktmechanismen "ausprobiert" werden. Als weitere
Finanzierungsinstrumente nannte Kaiser Abgaben auf
Devisengeschäfte, Transport und Verkehr, darunter auf
Flugtickets, die in Frankreich bereits 200 Millionen Euro im Jahr
einbringen. Geschützt werden sollten - so Kaiser - nicht nur
die Tropenwälder, sondern auch die Urwälder von Kanada,
Skandinavien und Russland, die eine wichtige Funktion als Senken im
Klimaschutz erfüllten. Als ein wichtiges Schutzinstrument
bezeichnete Kaiser internationale Moratorien. Konkret forderte er
ein sofortiges Moratorium auf neue Abholzung für den Sojaanbau
in Amazonien und ein weiteres auf Vergabe von neuen
Forstkonzessionen in der Demokratischen Republik Kongo. Neue
Finanzierungsinstrumente forderte Gerhard Dieterle von der
Weltbank. Sie sollten die Standardansätze im Rahmen von
Partnerschaften ergänzen. Die Weltbank beschäftige sich
intensiv mit der Finanzierung im Waldsektor. Für Aufforstung
würden 300 bis 500 Millionen US-Dollar jährlich
ausgegeben. Das sei "beachtlich, aber nicht genug", so Dieterle,
der auf einen Vorschlag der Weltbank für ein Pilotprogramm
"Forest Carbon Partnership Facility" hinwies. Auch nach Meinung von
Jon Hutton, Direktor UNEP-World Conservation Monitoring Centre, sei
für die Millenniumsentwicklungsziele beim Klimaschutz "bei
weitem nicht genug" getan worden. Der Kampf gegen die Abholzung zur
Reduzierung der Treibhausgasemissionen sei sehr wichtig. Man
müsse aber über die Mechanismen diskutieren und sich auch
Gedanken über Risiken machen. So könne der Druck auf
andere Länder und Ökosysteme verlagert werden.
Möglich sei, dass "perverse" Anreize geschaffen werden - etwa
bis 2012 "noch mit aller Macht" abzuholzen. Was den Emissionshandel
in der EU angeht, forderte Hutton eine Änderung. Er solle um
einen Optionsmechanismus ergänzt werden.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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