Berlin: (hib/MPI) Sechs Jahre nach Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) zieht die Bundesregierung eine positive Bilanz. Das gesellschaftliche Bewusstsein für Gleichstellung, Nichtdiskriminierung und Barrierefreiheit sei mit dem BGG "deutlich gewachsen", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort ( 16/9283) auf eine Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/6825). Behinderte Menschen seien nicht länger auf die Fürsorge der Gesellschaft angewiesen, sondern hätten einen Anspruch darauf, in gleicher Weise wie nichtbehinderte Menschen am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das Kriterium Barrierefreiheit entwickle sich verstärkt zu einem allgemeinen Qualitätsmerkmal. So fußten Bau- und Kaufentscheidungen mit Blick auf eventuelle Einschränkungen immer häufiger auf diesem Kriterium.
Mit dem am 1. Mai 2002 in Kraft getretenen BGG wurden die Gleichstellung behinderter Menschen und Barrierefreiheit im öffentlichen Recht verankert. Ziel des BGG ist es, Diskriminierungen zu beseitigen und zu verhindern, um Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. In der Antwort heißt es, die Definition von Barrierefreiheit habe sich bewährt. So werde Barrierefreiheit nicht nur als Beseitigung räumlicher Hindernisse für Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen oder die kontrastreiche Gestaltung der Lebensumwelt für sehbehinderte Menschen verstanden. Vielmehr sei von dem Begriff eine barrierefreie Kommunikation für blinde und sehbehinderte Menschen in den elektronischen Medien ebenso umfasst wie diejenige mittels Gebärdendolmetscher für hör- und sprachbehinderte Menschen.
Die Regierung kündigt an, dass sie noch in diesem Jahr einen Entwurf zur Änderung der barrierefreien Informationstechnik-Verordnung vorlegen will. Ferner weist sie darauf hin, dass sich eine DIN-Norm zur baulichen Barrierefreiheit bei öffentlichen Bauten und Wohngebäuden "im letzten Bearbeitungsstadium" befinde. Der offizielle Entwurf von Ingenieurbüros, Hochschulen, Verbänden und Verwaltungen werde voraussichtlich in diesem Sommer vorliegen. Anschließend werde eine gesonderte Norm zur Barrierefreiheit von Verkehrsanlagen erarbeitet. Darüber hinaus habe die Regierung Kenntnis von laufenden Arbeiten an einer DIN-Norm für die barrierefreie Zugänglichkeit visueller Informationen.
Hervorgehoben wird in der Antwort, dass seit der Einführung des BGG und der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) im Bereich der Informationstechnik "deutliche Fortschritte" erzielt worden seien. So seien etwa im letzten Ministerientest des Projektes "barrierefrei informieren und kommunizieren - BIK" fast alle getesteten Seiten als sehr gut, gut beziehungsweise nahezu gut zugänglich bewertet worden. Die Regierung schreibt, dass zur Überarbeitung der BITV unter Federführung des Bundesarbeitsministeriums eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden sei, die seit Mai 2007 regelmäßig tage. Im Mittelpunkt der Überarbeitung stünden insbesondere die technischen Fortentwicklungen in den Bereichen Information und Kommunikation und die besonderen Belange gehörloser, lern- und geistig behinderter Menschen.
Die Beteiligung der Verbände behinderter Menschen erfolge thematisch gebunden. Die Arbeiten an einem Vorschlag zur Novellierung sollen bis Sommer 2008 abgeschlossen werden, betont die Regierung.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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