Berlin: (hib/KOS) Vor Beginn der geheimen Vernehmung von vier Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Untersuchungsausschuss zu den Aktivitäten des Geheimdienstes in Bagdad während des Irak-Kriegs 2003 unterstrichen am Donnerstagvormittag die SPD-Fraktion und Oppositionsabgeordnete ihre gegensätzlichen Positionen. SPD-Obmann Michael Hartmann erklärte, die Befragung von "Schlüsselzeugen" werde belegen, "dass auf Bagdad keine Bombe aufgrund von Meldungen gefallen ist, die von deutscher Seite an die USA geflossen sind." Norman Paech (Die Linke) und Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/ Die Grünen) sagten hingegen, man werde die BND-Vertreter mit Erkenntnissen konfrontieren, wonach den US-Truppen sehr wohl militärisch bedeutsame Informationen über die Lage in Bagdad übermittelt worden seien.
Der Ausschuss soll prüfen, ob der damalige BND-Einsatz der offiziellen Linie der rot-grünen Bundesregierung widersprach, Deutschland beteilige sich nicht am Irak-Krieg. Zu den für Donnerstag geladenen Zeugen gehört auch der als "38 B" firmierende Mitarbeiter der BND-Zentrale, der in Pullach die von zwei Agenten in Bagdad gesammelten Erkenntnisse filterte und über deren Weiterleitung an einen in Katar bei den US-Truppen residierenden deutschen Verbindungsmann namens "Gardist" entschied. Auch dieser BND-Vertreter soll am heutigen Tag den Abgeordneten Auskunft zu jenen Nachrichten geben, die dem US-Militär weitergereicht wurden.
Hartmann gab sich überzeugt, dass die Befragung der Zeugen "viel heiße Luft herausnehmen wird." Auch diese Sitzung werde bestätigen, dass der BND den USA keine Informationen zur Verfügung gestellt habe, die für die taktisch-militärische Kriegführung hätten genutzt werden können. Paech jedoch erklärte, nach den bisherigen Erkenntnissen seien nicht nur einige wenige, sondern viele der von den BND-Agenten aus Bagdad nach Pullach übermittelten 130 Nachrichten an die USA geflossen. Meldungen an die US-Truppen seien nicht nur über die in der BND-Zentrale offiziell mit der Funktion "38 B" betraute Person, sondern auch anderweitig weitergeleitet worden. Diese These vertrat auch Ströbele. Aus seiner Sicht besteht beispielsweise ein Zusammenhang zwischen der Bombardierung eines irakischen Offiziersclubs in Bagdad und den von den BND-Agenten vor Ort gesammelten Erkenntnissen. Ströbele wies zudem darauf hin, dass das US-Militär in Bagdad die deutsche Seite zur raschen Übermittlung von Nachrichten gedrängt habe.
Vor Beginn der Zeugenvernehmung teilte der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder (CDU) mit, dass zuvor in nichtöffentlicher Sitzung Norman Paech erklärt habe, entgegen einer entsprechenden Medienmeldung seien von einem Mitarbeiter aus seinem Umfeld keine Informationen über Inhalte der geheimen Zeugenvernehmung vergangene Woche an Journalisten weitergegeben worden.
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