Das Parlament: Die Demokraten sind bei den vergangenen Wahlen als eindeutige Sieger hervorgegangen. Halten Sie dieses Ergebnis für ein Ende der "republikanischen Hegemonie" in den USA?
John Kornblum: Die Bush-Administration ist aktuell sehr angeschlagen. Ingesamt ist in den USA ein Trend hin zur politischen Mitte zu beobachten, übrigens bei beiden Parteien, nachdem in der jüngsten Vergangenheit doch die politischen Ränder eine übergroße Rolle gespielt haben. Diese Tendenz scheint ihren Höhepunkt jetzt überschritten zu haben. Ich halte das für eine sehr begrüßenswerte Entwicklung. Das System von "Checks and Balances" funktioniert immer noch ausgesprochen gut.
Das Parlament: Inwieweit haben die demografischen Veränderungen innerhalb der US-Gesellschaft das Wahlverhalten bestimmt?
John Kornblum: Die USA befinden sich seit ihrer Gründung in einem permanenten demografischen Veränderungsprozess. Im Gegensatz zu Europa wächst die Bevölkerung in allen Bundesstaaten, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität. Aktuell ist die demografische Entwicklung von der rasant wachsenden hispanischen Bevölkerung geprägt. Sie spielt schon jetzt ein wichtiges Zünglein an der Waage bei Wahlen in vielen Bundesstaaten. Offensichtlich haben viele Hispanics eher demokratisch gewählt. Neben den Hispanics ist die Generation der so genannten Babyboomer ein wichtiger Faktor. Also die Altersgruppe der unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg geborenen US-Bürger. Diese Generation wird in den nächs-ten Jahren in den Ruhestand treten und die USA vor ähnliche Probleme stellen wie Europa.
Das Parlament: Wer ist ihrer Meinung nach der Favorit bei der Nominierung eines demokratischen Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen 2008?
John Kornblum: Es ist noch zu früh, darüber zu spekulieren. Aber Hillary Clinton und Barack Obama dürften zu den Favoriten gehören.
Das Parlament: Glauben Sie, dass ein demokratischer Präsident die Entfremdung zwischen den USA und Europa verringern könnte?
John Kornblum: Aktuell herrscht in den USA, aber auch in Europa so etwas wie ein politischer Provinzialismus. Und das angesichts der gewaltigen geopolitischen Herausforderungen, die dem gesamten Westen bevorstehen. Ich bin aber recht optimistisch, dass sich sowohl Europa als auch die USA recht bald diesen Aufgaben stellen und sich ihrer Gemeinsamkeiten wieder bewusst werden, unabhängig davon, wer der nächste US-Präsident sein wird.
Das Interview führte Ramon Schack