RAKETENABWEHRSYSTEM
Aktuelle Stunde im Bundestag
Die Pläne der USA, Abwehrraketen in Polen aufzustellen und in Tschechien ein Radarsystem einzurichten, waren am 21. März Thema einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte dabei Verständnis für den amerikanischen Wunsch, sich vor einen Angriff mit Langstreckenwaffen zu schützen. Der Außenminister hatte darüber Anfang der Woche mit seiner amerikanischen Kollegin Condoleezza Rice gesprochen.
Mit militärischer Überlegenheit allein ließen sich weder Freundschaft noch Frieden erzwingen, so Steinmeiner weiter. "Darum bitte ich die USA, den Preis für eine im Streit durchgesetzte Stationierungsentscheidung genau zu bedenken", so der Außenminister. Eine Spaltung Europas und der Nato und ein Russland, das in alte Reflexe zurückfallen würde, wären aus der Sicht Steinmeiers ein sehr hoher Preis.
Die FDP, die die Aktuelle Stunde beantragt hatte, forderte die Bundesregierung auf, das Thema Raketenstationierung auf die Tagesordnung von EU und Nato zu setzen. Ihr außenpolitischer Sprecher Werner Hoyer (FDP) bezeichnete es als "abenteuerlich", diese Frage zwischen den USA, Polen und Tschechien zu regeln. Es gehe nicht, dass Nato-Partner glaubten, die Solidarität und der Schutz des Bündnisses reichten nicht aus und man müsse mit den USA zusätzlich bilaterale Sicherheitsvorkehrungen organisieren.
Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) bezeichnete es als beunruhigend, dass die Verbreitung von Raketentechnologie trotz aller Rüstungskontrollbemühungen "ungebremst" weitergehe. Zurzeit verfügten schon mehr als 20 Staaten über eine entsprechende Trägertechnologie. Iranische Raketen könnten bereits heute Nato-Partner in Südosteuropa erreichen, bald ganz Europa. Es sei notwendig, dieses Thema im Nato-Rat ausführlich zu diskutieren. Es herrsche "völlige Übereinstimmung" darüber, dass dies auch mit Russland diskutiert werden müsse. Für die Linksfraktion sagte Wolfgang Gehrcke, es ginge den USA nicht um eine defensive Waffe, sondern die Philosophie sei, jeden Punkt auf der Erde waffentechnisch erreichen zu können - bei eigener Unverwundbarkeit. Für die Grünen erklärte Jürgen Trittin, die Entscheidung der polnischen und der tschechischen Regierung über das Raketenabwehrsystem sei "mit Blick auf Russland" gefallen. So sei dies auch in Moskau empfunden worden.
Die Nato und Russland wollen dem Vernehmen nach Mitte April über den umstrittenen Raketenschutzschild beraten. Zuvor sollten die Botschafter des Bündnisses Gespräche mit Militärs führen. Man könne das System durchaus auch in die Nato integrieren, so der zuständige US-General Henry Obering. Die USA bestreiten, dass die geplanten Maßnahmen zu einer Konfrontation mit Russland führen würde. Das Raketenabwehrsystem sei nur darauf ausgerichtet, Europa zu verteidigen. Die Befürchtungen Moskaus würden verschwinden, je mehr Informationen bereit gestellt würden.