Bundesstiftung Baukultur
Auch der Bund engagiert sich für das Bauen in Deutschland. Viel Geld gibt es dafür allerdings nicht.
Der Weg war lang und steinig, doch am Ende stand der Sieg. Die Befürworter einer Bundeseinrichtung, die in Deutschland ein positives Bild von so genannter Baukultur fördern soll, waren am 24. November 2006 am Ziel: Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat dem Gesetz zur Einrichtung einer Bundesstiftung Baukultur mit Sitz in Potsdam zu.
Gut ein Jahr zuvor hatte es um die Stiftung noch schlecht gestanden. Die Länder blo-ckierten das Gesetz und riefen den Vermittlungsausschuss an. Ihr Argument: Der Bund greife in die Kulturhoheit der Länder ein. Dann kam die vorgezogene Bundestagswahl und brachte das Projekt für einige Monate zum Erliegen. Im November 2005 legten CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag fest, dass sie das Gesetz erneut in Angriff nehmen wollten. Alle Parteien waren sich einig, dass das Projekt sinnvoll sei. Nur die FDP enthielt sich im Bundestag mit der Begründung, das Stiftungskapital sei zu niedrig.
"Wir brauchen einen Impuls, dass die Bauwirtschaft auf vergangene und derzeitige Erfolge hinweist und nicht immer nur negatives in die Öffentlichkeit dringt", sagt Engelbert Kortmann, Vorsitzender des Fördervereins der Stiftung, über die Notwendigkeit der neuen Organisation. Ziel der Stiftung sei es, dass Bewusstsein "für eine längerfristige Existenz, die über den Lebenszyklus einer Familie hinausgeht", zu schärfen.
Wenn die Bevölkerung schrumpfe, werde auch weniger gebaut. Deshalb müsse gelten: "Wenn wir weniger bauen, dann aber gut." Als negatives Beispiel nennt er die "Siedlungen im Einheitsgrau" an den Rändern der Städte.
Fördergelder werden die Stifter nicht verteilen. Doch wollen sie unter anderem einen Wettbewerb "Nationale Hauptstadt der Baukultur" nach dem Modell der "Europäischen Kulturhauptstadt" ausschreiben. Ein Schwarz-Weiß-Buch soll auf gelungene und gescheiterte Bauten hinweisen. Vor allem aber soll alle zwei Jahre ein Konvent zusammenkommen, auf dem über Baukultur diskutiert wird.
Architekten, Landschaftsplaner, Bauunternehmer und andere Beteiligte engagieren sich auch außerhalb der Stiftung für eine Diskussion um das Bauen in Deutschland. Der Deutsche Kulturrat hat einen "Rat für Baukultur" eingerichtet und auch der Städte- und Gemeindebund hat zehn Leitlinien zur "Stärkung der Baukultur" verfasst.
Engelbert Kortmann hält die neue Organisation trotzdem für nötig. "Andere Initiativen erreichen nicht die breite Öffentlichkeit", sagt Kortmann. Wenn die Qualität der Diskussion - das einzige Ziel der Stiftung ist "Kommunikation" - stimme, könne sie viel erreichen.
Für Diskussionen sorgte die Besetzung des Stiftungsrates. Jede Partei schickt einen Abgeordneten, dazu kommen drei Vertreter von Ministerien. Bleiben fünf Plätze für Nichtpolitiker. "Ich neige dazu, mit aller Vorsicht gesagt, dass das nicht gut ist", sagt Gert Kähler, Mitglied der im Jahr 2000 vom Bundesbauministerium ins Leben gerufenen "Initiative Architektur und Baukultur" und Bearbeiter des ersten Statusberichts "Baukultur in Deutschland". Die ursprüngliche Idee sei eine unabhängige Stiftung gewesen. Jetzt sei sie doch mehr an das Bauministerium gebunden als geplant. Kortmann sieht das anders - und betont, dass es sich bei allen Beteiligten um Fachleute handele, die für die gemeinsame Sache einträten. Außerdem seien sich die Parteien nicht immer einig, genauso wenig wie die Ministerien.
Auch die Finanzierung ist umstritten. 2,5 Millionen Euro pro Jahr will der Bund in dieser Legislaturperiode investieren. Mehr als Diskussionsförderung ist damit nicht möglich. "Vorgezogene Bescheidenheit" attestiert Kähler den Initiatoren. Die Holländer leisteten sich in Rotterdam das Nederlands Architectuur Instituut, das auch eine Stiftung sei, jedoch ein Museum, Bildungsangebote für Jugendliche und eine eigene Zeitschrift beherberge. Die Stadt Wien habe ein Architekturzentrum, dass das Land Wien und der Staat mit insgesamt fünf Millionen Euro fördere. Dazu habe jedes österreichische Bundesland noch ein eigenes Zentrum.
In Deutschland sollen zum staatlichen Stiftungskapital private Spenden kommen. Doch schon Anfang 2004 folgte nur ein Prozent der Architekten und Ingenieure dem Appell, pro Person 100 Euro für die Stiftung zu geben. "Diejenigen, die über den Aufruf Bescheid wussten, haben sich nicht dafür interessiert und andere haben davon nicht erfahren", sagt Kähler. Für ihn ein Zeichen mangelnden Interesses. Kortmann sieht das Projekt aber in guten Händen: "In unserem Förderverein kommen alle wesentlichen Vertreter der Bauwirtschaft zusammen. Daraus ist abzulesen, dass der Konsens für die Stiftung groß ist."
Auch Kähler steht prinzipiell hinter der Stiftung. "Es ist eine Chance und ich hoffe, das sie genutzt wird." Die Einrichtung sei sinnvoll und könne eine breite Öffentlichkeit auf Baukultur aufmerksam machen. Seine Kritik bezieht sich im Wesentlichen auf das Ergebnis des von ihm mitverfassten Statusberichtes. Viele Seiten voller Handlungsempfehlungen für bessere Öffentlichkeitsarbeit seien entstanden, so Kähler, doch nur eine davon sei umgesetzt worden: die Stiftung. Warum nicht mehr realisiert wurde, kann er nur vermuten. "Nach der Stiftungsgründung waren vielleicht alle so erschöpft, dass sie sich in ihre Sessel zurückfallen ließen", mutmaßt Kähler.
Was die Einrichtung bewirken kann, wird die Zukunft zeigen. Zur Zeit sind die Stellen für den Vorstand der Stiftung ausgeschrieben. Ein zweiter Konvent wird vorbereitet. Der soll im September stattfinden. Dann wird man weitersehen.