Dank des Marschallplans, der Aufbauhilfen aus den USA, ist die westdeutsche Wirtschaft nach dem Krieg wieder in Schwung
gekommen. Nach der Wiedervereinigung bildeten zinsgünstige Kredite aus dem ERP-Sondervermögen des Bundes (ERP steht für "European Recovery Program") für viele ostdeutsche Unternehmensgründer die finanzielle Grundlage. Nun will die Bundesregierung die ERP-Wirtschaftsförderung neu regeln. Zentraler Punkt dabei ist die Abführung von 2 Milliarden Euro an den Bundeshaushalt.
Kompensiert werden soll das Ganze sowohl durch die Übertragung von Rechten des Bundesfinanzministeriums an Rücklagen der KfW-Bankengruppe als auch durch die Auflösung von Rückstellungen des ERP-Sondervermögens. Die verfügbare Restsumme von 9,3 Milliarden Euro soll in die KfW eingebracht werden.
Bei all dem, so versichert die Regierung, soll die bisherige Wirtschaftsförderung des Mittelstandes erhalten bleiben. Dies jedoch wird von einigen Sachverständigen bezweifelt, wie bei einer Anhörung des Wirtschaftsausschusses zur Neuordnung der ERP-Wirtschaftsförderung ( 16/4664 ) am 23. April deutlich wurde.
Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes profitiert von der Neuregelung lediglich der Bundeshaushalt, nicht jedoch das ERP-Sondervermögen. Der Zentrale Kreditausschuss der deutschen Banken befürchtet durch den Tausch von liquiden gegen illiquide Mittel de facto einen Liquiditätsverlust von 2 Milliarden Euro. Daher bestünden erhebliche Zweifel, ob die Substanz des ERP-Sondervermögens erhalten bleibe. Wettbewerbspolitische Bedenken gebe es außerdem hinsichtlich der geplanten Übertragung des restlichen ERP-Vermögens als Eigenkapital auf die KfW.
Dort bewertet man die Übertragung als "wettbewerbsrechtlich neutrale Transaktion". Die KfW handle im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages, heißt es. Man gewinne dadurch keine neuen Kunden, da schon bisher ERP-Darlehen an die Hausbanken durchgeleitet wurden.
Gegen einen von verschiedenen Seiten geforderten "Parlamentsvorbehalt" sprach sich Professor Michael Sachs von der Universität Köln aus. Die Entscheidungsbefugnisse des Parlaments, was die Verwendung der Erträge des in die KfW eingebrachten ERP-Sondervermögens angeht, würden nicht geschmälert.
Eventuelle Mitspracherechte der USA bei der Neuregelung wurden ebenfalls unterschiedlich beurteilt. Professor Christian Tomuschat aus Berlin sprach von einer "immensen Dankbarkeitsschuld" Deutschlands gegenüber den Aufbauhelfern aus Übersee. Diese habe jedoch keine "rechtliche Verfestigung" erfahren.
Sein Bonner Kollege Christian Waldhoff sah angesichts der grundsätzlichen Umstrukturierung, verbunden mit der Eingliederung des ERP-Vermögens in eine staatliche Bank, ein Mitspracherecht der USA dagegen als gegeben an.
Die Bundesregierung hat unterdessen der Auffassung des Bundesrates widersprochen, dass der für die Wirtschaftsförderung zur Verfügung stehende Betrag von mindestens 590 Millionen Euro jährlich dynamisiert werden müsste, damit die Fördermittel aufgrund der Geldentwertung nicht abnehmen. Dies geht aus ihrer Gegenäußerung ( 16/5054 ) zur Stellungnahme der Länderkammer zu dem Gesetzentwurf hervor.
Laut Regierung ist eine Vergütung durch die KfW in einer Höhe geplant, die es erlaubt, gemeinsam mit den übrigen Erträgen des Sondervermögens "Substanz und Förderung in vollem Umfang sicherzustellen".
Man habe bewusst auf einen konkreten Betrag verzichtet, schreibt die Regierung, da das für die jährliche Förderung und für den Substanzerhalt erforderliche Volumen "einer gewissen Dynamik" unterliege.