"Als gäbe es keine dringenderen Fragen!" Grietje Bettin (Bündnis 90/Die Grünen) konnte nicht verstehen, warum sich die Koalitionsfraktionen ausgerechnet mit diesem Thema beschäftigten. Endlich gebe es eine Initiative von CDU/CSU und SPD zu einem Medienthema. Doch statt sich um unzulässige Werbung oder falsche Rechnungen im Netz zu kümmern, stellten sie lediglich einen Antrag ( 16/4564), der die Regierung auffordere, sich für regionale und lokale "Top-Level-Domains"einzusetzen. Trotzdem wurde der Antrag mit den Stimmen von Union, SPD und FDP bei Enthaltung der Grünen und Ablehnung der Linken angenommen.
"Top-Level-Domains" sind die Endstücke einer Internetadresse, zum Beispiel ".de" oder ".com". Über deren Zulassung entscheidet die "Internet Corporation for Assigned Names and Numbers" (ICANN), eine amerikanische Organisation, die der US-Regierung untersteht. In dem Antrag fordern die Fraktionen nicht nur die Zulassung der Domains, sondern auch ein Mitspracherecht anderer Länder bei der Vergabe. "Übersichtlicher und regionaler" werde das Internet, wenn diese Initiative Erfolg habe, zeigte sich Dorothee Bär (CSU) überzeugt. Schon heute verzeichneten Städte wie Berlin mehr Domainregistrierungen als über 150 Länder. Hätten Regionen die Möglichkeit, sich eine eigene "Top-Level-Domain" zu verschaffen, würde das Internet übersichtlicher werden. Die Nutzer könnten Internetseiten schon aufgrund ihrer Adresse besser zuordnen. Christoph Priess (SPD) verwies auf Länderkennzeichnungen wie ".by" für Weißrussland, das von der Bayerischen Tourismus und Marketing Gesellschaft verwendet werde. Das Beispiel zeige, dass es einen Bedarf an regionalen Domains gebe.
Ein besseres System bei der Domainzuweisung sei die Voraussetzung für eine Reform der ICANN, sagte Christoph Waitz (FDP). Solle sich die Idee durchsetzen, dass andere Länder bei der Vergabe mitentscheiden könnten, sollte "auf eine Internationalisierung der Struktur, zum Beispiel im Rahmen der UNO, geachtet werden". Auch Waitz hob den Bedarf an regionalen Kürzeln hervor. Nach seinen Angaben gibt es rund 30.000 bayerische Internetadressen, die auf das weißrussische Länderkürzel zurückgreifen.
Entschieden gegen den Antrag wendete sich Die Linke. Die Notwendigkeit für mehr Adressendungen sei nicht nachgewiesen, die Begründung des Antrages "ein bisschen dünn". Im Gegenteil bestehe die Gefahr, dass das Internet dadurch unübersichtlicher werde. Ebenso wie die Koalition sah er jedoch Änderungsbedarf bei der Organisation der ICANN. "Es widerspricht dem Charakter des Internets, dass bislang die ICANN allein vertraglich den USA zur Rechenschaft verpflichtet ist", so Bisky.