TRANSRAPID
Im Bayerischen Landtag sind die Fraktionen auf Konfrontationskurs. Der Kosten wegen.
Ein erbitterter Streit über ein bayerisches Zwei-Milliarden-Projekt tritt in die entscheidende Phase: Mit Hochgeschwindigkeit will die CSU die Verwirklichung des geplanten Transrapid zwischen dem Münchner Hauptbahnhof und dem knapp 40 Kilometer entfernten Flughafen der Landeshauptstadt vorantreiben, bereits im Sommer soll Baubeginn sein.
Der blitzschnelle Magnetzug - von Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber als "Leuchtturm für Hochtechnologie made in Germany" gepriesen - soll in nur zehn Minuten am Airport landen und einem wachsenden Missstand abhelfen: Der Flughafen ist nämlich zu Lande bisher nur mit der Bummel-S-Bahn oder über eine überlastete Autobahn zu erreichen.
Die Opposition setzt alles daran, das ihrer Meinung nach unsinnige und viel zu teure Projekt aufs Abstellgleis zu rangieren und die seit gut 45 Jahren alleinregierende CSU über den schnellen Schweber auszubremsen. Eben haben die Landtagsfraktionen ihren jeweiligen Transrapid-Kurs auf Klausurtagungen bekräftigt. Die CSU forderte die "unverzügliche Realisierung" des Projekts, die SPD das vorläufige Einfrieren sämtli-cher Planungen und die Grünen gleich den Abschied vom Transrapid.
Besonders spannend ist die Auseinanderset-zung geworden, seit die Transrapid-Gegner den Magnetzug über ein Volksbegehren ent-gleisen lassen wollen. Das bayerische In-nenministerium hat den Antrag dafür aber für nicht zulässig erachtet, weil das Begeh-ren seiner Beurteilung nach ins Budgetrecht des Parlaments eingreift. Die Opposition protestierte. SPD-Fraktionschef Franz Maget sagte, offenkundig wünsche die Staatsregie-rung keine Beteiligung der Bevölkerung an der Entscheidung "über ein verfehltes Pres-tigeobjekt, mit dem 2 Milliarden Euro Steuergelder verschwendet werden sollen". Ziel der SPD sei es weiter, "den Bürgerwillen gegen die Arroganz der Macht zum Tragen zu bringen".
Von den Grünen höhnten Landeschefin Theresa Schopper und der wirtschaftspolitische Fraktionssprecher Martin Runge, die Staatsregierung habe "die Hosen gestrichen voll und fürchtet sich vor der politischen Auseinandersetzung". Die Argumentation, das Volksbegehren greife in das Budgetrecht des Landtags ein, sei vorgeschoben und lächerlich. Tatsächlich urteilen Verfassungsrechtler unterschiedlich über den Fall.
Binnen drei Monaten soll nun der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Zulässigkeit des Begehrens entscheiden. Egal, wie der Spruch ausfällt, dürfte der Magnetzug auch einigen Einfluss auf die Kommunalwahlen Anfang März und die Landtagswahl im Herbst haben: Die Opposition hat die Wähler dazu aufgerufen, via Stimmzettel schon einmal vorab über den Transrapid zu entscheiden. Und den lehnen laut Umfragen derzeit rund 54 Prozent der Bevölkerung ab.
Bei einer Veranstaltung des "Aktionskreises gegen den Transrapid" in München demonstrierten rund 13.000 Menschen gegen das "Milliardengrab Transrapid". Inzwischen sammeln sich aber auch die Befürworter des Schwebezugs in einem Verein "Bayern pro Rapid", der für das "industriepolitisch enorm wichtige und unter Umweltgesichtspunkten sehr vorteilhafte Projekt" Überzeugungsarbeit leisten will.
Größte Hürde für den Hochgeschwindig-keitszug ist die noch nicht endgültig geklär-te Finanzierung. Immerhin hat die Staats-kanzlei bereits im September nach einem Spitzengespräch unter anderem mit Vertre-tern des Bundesverkehrsministeriums, beteiligter Industrieunternehmen und Bahnchef Hartmut Mehdorn den "Durchbruch für den Bau der Magnetschwebebahn" verkündet. Entscheidend war die Verpflichtung von Bahn und Industrie, den Kostenrahmen von 1,85 Milliarden Euro einhalten zu wollen und einen verbindlichen Fest- preis anzubieten.
Nach der Vereinbarung trägt der Bund mit nun 925 Millionen Euro die Hälfte der Kos-ten, Bayern erhöht seinen Anteil auf 490 Millionen Euro. Der Flughafen soll 100 Millionen, die Bahn 235 Millionen, die Industrie 50 Millionen Euro zahlen und aus Brüssel werden 50 Millionen Euro Fördermittel erwartet. Die Staatsregierung betonte, dass nun eine Koalitionsvereinbarung des Jahres 2005 für den Bau des Transrapids als deutsches Technologie-Leitprojekt umgesetzt werde. Die Hochtechnologie-Fördermittel des Bundes und Privatisierungsmittel des Freistaats ermöglichten das Vorhaben, ohne dass nur ein einziger Euro für den öffentlichen Nahverkehr in Anspruch genommen werde.
Alle anderen Lösungen, so reklamiert die Staatsregierung, seien dagegen erst Jahre oder Jahrzehnte später realisierbar und wür-den zulasten des öffentlichen Nahverkehrs in Bayern gehen. Dabei käme laut CSU die von der Opposition favorisierte Express-S-Bahn den Freistaat doppelt so teuer wie der Transrapid, denn nur für diesen würde die Sonderförderung des Bundes fließen.
Wesentlicher Schönheitsfehler der bisherigen Kalkulation: Der angenommene Kostenrahmen von 1,85 Milliarden beruht auf Zahlen der Vorjahre und wird nach Einschätzung der Transrapid-Gegner deutlich überschritten werden. Die Stunde der Wahrheit naht, wenn nach dem für das Frühjahr erwarteten Planfeststellungsbeschluss die aktuellen Daten errechnet werden.
Die Landtags-CSU und Ministerpräsident Günther Beckstein haben auf der jüngsten Klausur nochmals bekräftigt, dass der vereinbarte Finanzierungsanteil Bayerns, 490 Millionen Euro, die Obergrenze darstellt und es keinen Transrapid um jeden Preis geben werde. Der Magnetzug bleibt also vorerst weiter in der Schwebe.