BUNDESBANK
Harte Geldpolitik begründete ihren Ruhm. Neue Aufgaben könnten zu neuer Größe führen
Die Deutsche Bundesbank machte nach dem Zweiten Weltkrieg aus der völlig zerrütteten alten Reichsmark die Deutsche Mark. Daraus wurde eine der weltweit stabilsten Währungen, die im 1979 geschaffenen Europäischen Währungssystem als Leitwährung diente. Die Bundesbank bewältigte im Laufe ihrer Geschichte zudem die deutsch-deutsche Währungsunion und gab schließlich die Zügel ihrer eigenständigen währungspolitischen Kompetenz 1999 an das Eurosystem ab. Im 51. Jahr ihres Bestehens steht sie vor einer Wende: Der Mythos ist verblasst, und neue Aufgaben wollen gefunden werden.
Am 1. August 1957 trat die Deutsche Bundesbank die Nachfolge der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Bank deutscher Länder an. Wie ihre Vorgängerin wurde auch die Bundesbank nach den schlechten Erfahrungen mit einer an Regierungsweisungen gebundenen Notenbank als unabhängige Zentralbank installiert. Ein Umstand, der für die Bundesregierung oft nicht einfach war. Denn die geldpolitischen Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesbank trafen nicht immer auf Gegenliebe. Politiker drangen auf eine Lockerung der Geldpolitik, um die Konjunktur zu stärken, stets blockte die Bundesbank dies im Hinblick auf die Inflationsgefahr ab. Das wäre ohne die gesetzliche Unabhängigkeit kaum möglich gewesen. "Als Bundeskanzler habe ich manchmal Probleme mit der Bundesbank", gestand Bundeskanzler Helmut Kohl 1997 ein. "Als Bürger bin ich jedoch froh, dass es sie gibt." Wie die Bank deutscher Länder erhielt auch die Bundesbank ihren Sitz in Frankfurt am Main, allerdings erst nach heftigem Widerstand. So plädierte Bundeskanzler Konrad Adenauer bis zuletzt für Köln als Standort, die britische Militärverwaltung war für einen Sitz in ihrer Zone und stimmte daher für Hamburg. Zuletzt setzte sich die amerikanische gegen die britische Besatzungsmacht durch und begründete damit den Aufstieg der Main-Stadt zum deutschen Finanz- zentrum.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Bundesbank zu einer der deutschen Institutionen, mit der starken D-Mark als größtem Erfolgsbeweis. "Nicht alle Deutschen glauben an Gott, aber alle glauben an die Bundesbank", stellte der frühere Präsident der Europäischen Kommission, Jacques Delors, 1992 fest. Zwei Jahre zuvor hatte die Bundesbank ihre größte Herausforderung gemeistert: die deutsch-deutsche Währungsunion, die gleichzeitig den Höhepunkt der Macht des Geldinstituts markierte. 1993 wurden in Maastricht die Grundlagen für die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion gelegt, und das Europäische System der Zentralbanken übernahm die nationalen Verantwortlichkeiten für die Geldpolitik. Der Abschied von der Bundesbank und noch mehr von der D-Mark fiel schwer, Unterstützung fanden die Euro-Gegner im Ausland. "Wenn ich Deutsche wäre, würde ich die Bundesbank und die D-Mark auf alle Fälle behalten", erklärte die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher.
Heute ist die Bundesbank selbst zum verlängerten Arm der Europäischen Zentralbank (EZB) geworden. Gemeinsam mit dieser und den anderen Zentralbanken des Eurosystems entscheidet sie über die europäische Geldpolitik und wacht über den Euro. Dieser hat mittlerweile im Wert nicht nur die D-Mark, sondern auch den US-Dollar überholt. Doch auch wenn die Bundesbank in Sachen Geldpolitik nicht mehr federführend ist, kann sie sich rühmen, dem Eurosystem den institutionellen Rahmen vererbt zu haben. So ist heute auch für die Euro-Länder die Sicherung der Preisstabilität das vorrangige Ziel. Wie die Bundesbank ist auch die EZB unabhängig von den Regierungen.
Doch welche Aufgaben sind der Bundesbank neben der Umsetzung der Geldpolitik der EZB geblieben? Die Bundesbank ist immer noch die Bank der Banken und sorgt für deren Liquidität: Mehr als die Hälfte des Refinanzierungsvolumens im Euro-Währungsgebiet werden in Frankfurt abgewickelt. Zudem versorgt sie die Wirtschaft mit Bargeld und verwaltet die nationalen Gold- und Währungsreserven. Dem Bund als Eigentümer überweist sie ihren jährlichen Gewinn. Im Jahr 2006 erzielte das Institut aus dem Management der Gold- und Währungsreserven und den Krediten an Banken satte 4,2 Milliarden Euro. Die Eingliederung in das Eurosystem und das damit geschrumpfte Aufgabenfeld sowie der technische Fortschritt haben jedoch personelle Folgen für das Institut. Waren zum Zeitpunkt der deutsch-deutschen Währungsunion 17.000 Mitarbeiter bei der Bundesbank beschäftigt, so waren es Ende 2007 noch 10.500. Im Jahr 2012 sollen es noch 9.000 sein.
Für die Bundesregierung ist die Bundesbank nicht nur wegen der Einnahmen wichtig. Die Bundesbank muss die Geldpolitik der EZB gegenüber dem Bund verteidigen und deren Auswirkungen nicht nur auf die europäischen, sondern auch auf die weltweiten Finanzmärkte im Blick haben. Hier könnte eine der wichtigsten Aufgaben der Bundesbank in der Zukunft liegen. So hat sich zuletzt der Sachverständigenrat der Bundesregierung, die so genannten Wirtschaftsweisen, angesichts der jüngsten Finanzmarkt-Turbulenzen für eine Ausweitung der Aufsicht der Bundesbank über die Finanzmärkte ausgesprochen, und das, obwohl die Rolle der Zentralbanken in der Finanzkrise noch kontrovers diskutiert wird. Praktisch würde das bedeuten, dass das bisherige Kontrollgremium, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), in die Bundesbank integriert würde. Geht es nach dem Willen der Wirtschaftsweisen, müssten die Währungshüter noch stärker als bisher den Effekt ihrer Zinsentscheidungen auf die Finanzmärkte im Blick haben.
Die Bundesbank ist nach Ansicht der Ökonomen für diese Aufgabe geeignet, weil sie aufgrund der Refinanzierungsgeschäfte mit den Banken näher am Markt sei als die BaFin und Risiken früher erkennen könne. Auch könne sie im Krisenfall Liquidität bereitstellen. Ob es nun zu einer Verzahnung mit der BaFin kommt oder nicht: Angesichts der wachsenden Komplexität der globalen Finanzmärkte sieht es so aus, als würde die Bundesbank auch weiterhin eine wichtige Rolle für den Finanzplatz Deutschland spielen.
Die Autorin ist freie Wirtschaftsjournalistin in Berlin.