Herr Weisskirchen, wird es bald eine ernsthafte Demokratisierung in Russland geben, nachdem Medwedew versprochen hat, den Rechtsstaat stärken zu wollen?
So wie sich Medwedew bisher geäußert hat, glaube ich fest daran und ich wünsche es Russland sehr. Das Land braucht mehr Offenheit und tiefgreifende Reformen. Dabei will es natürlich die eigenen Werte achten, insbesondere die tiefe Religiosität, die es in großen Teilen vor allem der ländlichen Bevölkerung gibt.
Das russische Parlament, die Duma, spielte bislang de facto keine Rolle. Erwarten Sie, dass sich das nun ändern wird?
Ich bin überzeugt davon, dass der neue Präsident weiß: Die angekündigte Modernisierung des Landes kann nur mit einer tieferen Demokratisierung einhergehen - wenn sie denn gelingen soll. Meine Hoffnung geht dahin, dass dieser Prozess auch in der Entwicklung des russischen Parlamentes seinen Niederschlag finden wird und es einen weiteren Kompetenzzuwachs im politischen System des Landes erfährt.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit in der deutsch-russischen Parlamentariergruppe?
Bisher war sie sehr konstruktiv. Wir haben mit dem Vorstand der deutsch-russischen Parlamentariergruppe während unserer Moskau-Reise vor knapp einem Jahr intensive Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen der Staatsduma geführt. 2007 konnten erstmals deutsche Studenten ein Praktikum in der Duma absolvieren. Umgekehrt haben wir schon seit vielen Jahren russische Teilnehmer im internationalen Parlamentspraktikum im Bundestag. Ich hoffe, dass die gute Zusammenarbeit fortgesetzt und intensiviert wird! Für November 2008 haben wir jedenfalls unsere russischen Kollegen schon zu einem Besuch nach Berlin eingeladen.
Ist der Wechsel zum Tandem Medwedew-Putin eine Chance, das Verhältnis EU-Russland zu verbessern?
Irgendwann wird sich Medwedew vom Schatten Putins lösen müssen, denn er wird ja wohl eine zweite Amtszeit ansteuern, und dann muss er eigenes Profil gewinnen. Das wird in zwei bis drei Jahren der Fall sein. Ich bin überzeugt, dass es ihm gelingen wird.
Was bedeutet das konkret für die angesprochenen Beziehungen?
Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Russland muss rasch verwirklicht werden; darin besonders die Substanz dessen, was in der Energiecharta angelegt war. Russland ist unser wichtigster Rohstofflieferant und die EU sein wichtigster Abnehmer. Deshalb ist die EU von Russland abhängig, aber auch Russland von der EU. Es geht um langfristige Geschäfte zum Vorteil beider Seiten. Wir brauchen uns also wechselseitig als verlässliche Partner.
Die Fragen stellte
Bernadette Schweda