Bundestag
Anträge zum Schutz der Frauen
Mit der Anhörung der Grünen Bundestagsfraktion "Ein Schmerz, der die Seele trifft" brachte die frauenpolitische Sprecherin Irmingard Schewe-Gerigk die weibliche Genitalverstümmelung (FGM) 1997 erstmals auf die politische Agenda. "Damals war das ein Tabubruch. Da ging es noch darum, es überhaupt als Menschenrechtsproblem bewusst zu machen. Da mussten wir noch diese Debatten ausräumen um die Frage der kulturellen Einmischung und der Freiheit der Religionsausübung, die ja immer behauptet wird, tatsächlich aber in keiner Religion verankert ist", erinnert sich die heutige parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen. 1997 folgte der grüne Antrag "Genitalverstümmelung ächten, Mädchen und Frauen schützen" ( 13/9335). Mit dem Zuwanderungsgesetz wurde dann die geschlechtsspezifische Verfolgung, unter die auch die weibliche Genitalverstümmelung fällt, als Asylgrund anerkannt.
Ende 2006/Anfang 2007 legten die Oppositionsfraktionen der Grünen, der FDP und der Linken jeweils eigene Anträge gegen Genitalverstümmelung vor. Die FDP forderte in ihrem Antrag "Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen ächten und bekämpfen" ( 16/3842) unter anderem eine Prüfung der Frage, ob die Genitalverstümmelung im Katalog der Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter oder im Weltrechtsprinzip verankert werden kann und soll.
Die Grünen plädierten in ihrem Antrag "Mädchen und Frauen vor Genitalverstümmelung schützen" ( 16/3542) dafür, Genitalverstümmelung ausdrücklich in den Straftatbestand der schweren Körperverletzung aufzunehmen und die Akteure, die mit bedrohten Mädchen und Frauen in Kontakt sind, so zu sensibilisieren, dass sie in der Lage sind, diese zu schützen.
Die Linksfraktion sprach sich in ihrem Antrag "Weibliche Genitalverstümmelung verhindern" ( 16/4152) dafür aus, eine zentrale Stelle zur Koordination und Vernetzung der Initiativen gegen Genitalverstümmelung zu schaffen und deutschlandweite Aufklärungskampagnen zu organisieren. Alle drei Anträge wurden am 1. Februar 2007 nach einer ersten Beratung vom Bundestag in den Innenausschuss überwiesen.
Die Betreuung der mindestens 19.000 in Deutschland lebenden betroffenen Frauen und der über 4.300 bedrohten Mädchen ist nach wie vor unklar. Diese Zahlen beruhen auf offiziellen statistischen Hochrechnungen, die Dunkelziffer wird deutlich höher angesetzt. Nicht erfasst sind etwa alle illegal in Deutschland lebenden Betroffenen. Deshalb geht die 2007 gegründete "TaskForce für effektive Prävention von Genitalverstümmelung" von 30.000 bedrohten Mädchen und insgesamt 60.000 bis 80.000 betroffenen Frauen aus.
Im 2. Aktionsplan gegen Gewalt, den das Familienministerium im September 2007 herausgebrachte, ist auch FGM erwähnt. "Die Bundesregierung heult Krokodilstränen um die Frauen, aber macht keinen konkreten Schritt", ereifert sich Irmingard Schewe-Gerigk und hofft auf die Sitzung des Frauenausschusses am kommenden Mittwoch: Weibliche Genitalverstümmelung steht dann mal wieder auf der Tages- ordnung.