SPORTABZEICHEN
Ein Leistungstest für jedermann
Schwarzer Anzug, Krawatte und schicke Schuhe: So kennen die Deutschen ihren Bundespräsidenten Horst Köhler (CDU). Doch im Jahr 2006 sah der erste Mann im Staat irgendwie anders aus: Laufschuhe, schwarze Jogginghose und verschwitztes Gesicht dokumentieren die Fotos von einem Berliner Sportplatz. Köhler wollte, nach eigenen Worten, mit gutem Beispiel vorangehen. Nach seinem Amtsvorgänger Richard von Weizsäcker ist er der zweite Präsident, der sich mit dem Deutschen Sportabzeichen schmücken kann. Dafür ist er gelaufen, geschwommen und gesprungen. Der damals 63- Jährige belegte gemeinsam mit seiner 59-jährigen Frau Eva eine Grundfitness und ist damit berühmter Pate eines sportlichen Volksabzeichens. Denn genau das will das Deutsche Sportabzeichen sein: Jedermann kann es erwerben, Leistungssportler muss niemand sein.
Es sind die "ganz normalen Deutschen", die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) vom Fernseher in die Sportstätten bewegen will. Als Lohn lockt ein Abzeichen, das in Bronze, Silber und Gold verliehen werden kann. Im Jahre 1912 wurde das Deutsche Sportabzeichen unter dem Titel "Auszeichnung für vielfältige Leistung auf dem Gebiet der Leibesübungen" geschaffen. Die Urkunde mit dem noch etwas sperrigen Namen war damals nur für Männer vorgesehen, die Mitglied in einem Sportverein waren. Das änderte sich bald: Schon in den 1920er-Jahren schwammen, sprangen, liefen und warfen auch Frauen.
Im Juli 1958 erkannte es der damalige Bundespräsident Theodor Heuss offiziell als Ehrenzeichen an. Laut Statistik des DOSB bekommen jährlich 900.000 Menschen das Abzeichen. Immer wieder sind prominente Politiker dabei: So versucht die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn, einmal im Jahr ihre Fitness prüfen zu lassen. Immer mit Erfolg. Und auch der Sportausschuss des Deutschen Bundestages legt viel Wert auf den Ausflug in die Praxis. Regelmäßig tauschen die Abgeordneten den Sitzungsraum gegen Schwimmhalle und Laufbahn ein. Das Ziel ist klar formuliert: Bewegung ist gesund, da wollen die Volksvertreter Vorbild sein.
Wer heute das Deutsche Sportabzeichen absolvieren will, muss nicht Vereinsmitglied sein. Die Qualifikationen, die erreicht werden müssen, sind nach Altersgruppen gestaffelt. Eines ist aber Schülern und Rentnern gemein: Übungen aus den fünf Bereichen Schwimmfähigkeit, Ausdauer, Schnellkraft, Schnelligkeit und Sprungkraft müssen abgedeckt werden. Trotzdem setzt der DOSB auf Flexibilität. Wer keine 3.000 Meter laufen möchte, kann beispielsweise auch mit dem Rad oder den Inlinern fahren. Bundespräsident Horst Köhler ist übrigens gelaufen: Die 1.000 Meter schaffte er in 4:56 Minuten. Gefordert werden in seiner Altersklasse sechs Minuten.