Toujours libré". Seit unzähligen Jahren wirbt eine französische Zigarettenmarke mit jener Freiheit, die ihre "kleinen Gallierinnen" offenbar verströmen. Kein Wunder - wird westlich des Rheins doch nicht nur dem süßen Leben sondern seit dem Sturm auf die Bastille einer gewissen anarchistischen Grundeinstellung gefrönt. Ihre deutschen Nachbarn hingegen galten stets als ein diszipliniertes und vor allem gesetzestreues Volk. Die Betonung liegt auf "galten", denn glaubt man der Berichterstattung, so bilden sich in diesen Tagen quer durch die Republik wahre Hochburgen der Gesetzlosigkeit.
"Wohl selten ist ein Gesetz in Deutschland so grundlegend unterwandert worden", ließ die Tageszeitung "Die Welt" ihre Leser erst jüngst wissen. Gemeint ist das Rauchverbot in Gaststätten. Doch wo nach dem Willen des Gesetzgebers eigentlich längst das nikotinfreie Zeitalter eingeläutet werden sollte, rotten sich die Outlaws an den Zapfhähnen zusammen und proben sich im zivilen Ungehorsam. Ganz vorne mit dabei die Kneipenwirte und deren Angestellte, deren Gesundheit ja durch das Rauchverbot geschützt werden sollte. Was selbst die geballte Macht der Zigaretten- und Gastronomie-Lobby nicht verhindern konnte, scheinen nun die Anarcho-Qualmer in blauen Dunst aufzulösen. Zu ihnen an den Tresen gesellten sich gleich mehrere Landesverfassungsgerichte, die den Klagen auf offenen Drogenkonsum zumindest in kleinen Kneipen statt gaben. Und nicht wenige Landespolitiker liebäugeln bereits mit "spanischen Verhältnissen", sprich der legalen Wahlfreiheit für Wirte kleiner Kneipen zwischen Räucherkammer und Luftkurort.
Selbst in Frankreich dürfte man sich die Augen reiben angesichts solch revolutionärer Anwandlungen. Vielleicht wirbt besagte Zigarettenmarke demnächst ja mit einem neuen Slogan: "Toujours allemand".