AUSSTELLUNG
Bilder des Porträtisten Hans Jürgen Kallmann im Kunstraum des Bundestages
Normalerweise ist es so, dass der Maler eines Bildes bekannt ist, der Gemalte eher unbekannt. Bei Hans Jürgen Kallmanns wohl bekanntestem Bild ist das genau andersherum. Kallmann ist der Künstler, der den ersten Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, für die Galerie im Kanzleramt in Öl gebannt hat. Der in Wollstein in der früheren preußischen Provinz Posen (heute Polen) geborene geborene Künstler gilt als einer der bedeutendsten Porträtisten des 20. Jahrhunderts. Der Bundestag widmet ihm anlässlich seines 100. Geburtstags die Ausstellung "Von Bäumen und Menschen", die am 27. Mai von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) im Kunstraum des Bundestages eröffnet wird.
Die Ausstellung zeigt, wie Kallmann "die Urkraft des Lebens in Menschen wie in Bäumen gleichermaßen zu gestalten wusste", sagt Andreas Kaernbach, Kunstkurator des Bundestages. Im Zentrum der Exposition stehen unter anderem drei Pastell-Studien, mit denen sich Kallmann Bundeskanzler Adenauer künstlerisch genähert hat. "Diese Studien hat Kallmann zu dem endgültigen Porträt Adenauers verdichtet", beschreibt Kurator Kaernbach.
Neben den drei Pastellen stehen die Porträts der Bundestagspräsidenten Hermann Ehlers, Eugen Gerstenmaier und Annemarie Renger im Mittelpunkt der Schau. Diese drei Werke aus der Kunstsammlung des Bundestages und Kallmanns 100. Geburtstag am 20. Mai waren für Andreas Kaernbach Anlass für die Ausstellung. Die übrigen rund 40 Werke stammen aus dem Kallmann-Museum im bayrischen Ismaning und aus dem Nachlass des Malers.
Kallmanns Porträts, die Kaernbach auf eine Stufe mit denen Oskar Kokoschkas stellt, zeichnen sich durch eine "in der Porträtkunst selten erreichte psychologisierende Durchdringung des Dargestellten aus", wie es der Kurator formuliert. Während allerdings Kokoschkas Porträts durch ihre Expressivität beeindrucken, nimmt sich Kallmann als Maler zurück und schafft so Darstellungen voller Tiefe.
Obwohl Kallmann, ausgezeichnet unter anderem mit dem Rom-Preis der Preußischen Akademie der Künste in Berlin und dem Preis der Abraham-Lincoln-Stiftung in Washington, bereits als junger Maler die Wertschätzung bedeutender Künstler wie Max Slevogt, Emil Nolde, Käthe Kollwitz und Max Liebermann genoss, ist er heute weitgehend unbekannt. Die in den 1930er-Jahren verheißungsvoll begonnene Karriere im Kreise der Berliner Expressionisten wurde unterbrochen, weil seine Werke in der Ausstellung "Entartete Kunst" 1937 in München gezeigt wurden. Nach mehreren Jahren in Tirol und Venezuela kehrte Kallmann nach Deutschland zurück und begann seine zweite Karriere 1952 in der bayerischen Hauptstadt. Aufgrund seines Rufs als psychologisch einfühlsamer Porträtist ließ sich die geistig-kulturelle Elite, darunter Theodor Heuss, Bertolt Brecht, Konrad Lorenz, Carl Orff und Papst Johannes XXIII., von ihm malen.
Die Ausstellung dauert bis zum 28. September. Geöffnet ist der Kunstraum des Bundestages im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.