Die gläserne Kuppel des Reichstages wölbt sich 23 Meter hoch über dem Plenarsaal des Bundestages; vor neun Jahren wurde sie pünktlich zum Umzug des Bundestages von Bonn nach Berlin fertig. Dank der spektakulären Kuppel ist der Reichstag zum meistbesuchten Parlamentsgebäude weltweit aufgestiegen; mit ihrer Transparenz symbolisiert sie das Ideal demokratischer Prozesse in Deutschland.
Bei soviel Strahlkraft und Symbolik wird leicht übersehen, dass der ungetrübte Glanz der Kuppel keine Selbstverständlichkeit ist. 3.000 Quadratmeter Glas - das ist etwa die Fläche eines halben Fußballfeldes - ziehen nicht nur Besucher, sondern auch Schmutz an. Dreimal im Jahr rücken deshalb ausgebildete Glas- und Gebäudereiniger aus, um die Kuppel zu reinigen. Geputzt werden auch die spiralförmigen Rampen und der "Spiegel-Trichter" in der Mitte der Kuppelhalle, der mit seinen verspiegelten Flächen natürliches Licht in den Plenarsaal des Bundestages leitet.
Schon morgens um fünf Uhr steigen Michael Waskewitz, 42, und sein Kollege Dirk Teske, 41 (hinten im Bild), in eine blaue Putzgondel, um sich an massiven Stahlseilen am "Spiegel-Konus", so die offizielle Bezeichnung des Kegels in der Kuppelhalle, in die Höhe hieven zu lassen. Von oben nach unten arbeiten sie sich dann an den Spiegel-Elementen entlang.
Für Michael Waskewitz ist die Arbeit im Bundestag ein Job wie jeder andere auch: "Es ist Glas zum Putzen wie anderswo auch. Nur: Hier ist mehr Glas." Drei Tage braucht er, um mit einem Kollegen zusammen die windhosenförmige Spirale wieder glänzen zu lassen. Obwohl sie dabei bis zu 20 Meter über dem Boden der Kuppel arbeiten, kennt Kollege Dirk Teske keine Höhenangst: "Ich habe Respekt vor Höhen, aber keine Angst. Und ich habe einen Hang zur Sicherheit", erklärt er.
Koordiniert wird die Arbeit der Kuppelreiniger von Daniel Janus, Reinigungsdienstleiter im Logistik-Referat der Bundestagsverwaltung. Etwa 500 Reinigungskräfte beaufsichtigt der ausgebildete Hochbautechniker: von den Reinigungsfrauen in den Büros über die Kuppelputzer bis hin zu den Industriekletterern, die beispielsweise bei der Reinigung von schrägen Glasfassaden zum Einsatz kommen.
Insgesamt 400.000 Quadratmeter Bodenfläche und 340.000 Quadratmeter Glasfläche, die sich auf 25 Gebäude verteilen, muss der Reinigungsdienst des Bundestages sauber halten. "Hier in Berlin sind die Gebäude viel zentraler gelegen und schneller erreichbar als in Bonn", erklärt Janus. "Durch die besondere Architektur ist die Reinigung trotzdem viel komplizierter geworden." Sir Norman Foster und die anderen Architekten hätten zwar alle ein "Höhenzugangskonzept" vorlegen müssen; darin muss der Architekt darlegen, wie man später schwierige Partien des Gebäudes für Reinigung und Reparatur erreicht. Aber erst im Laufe der Zeit stellte sich heraus, wo die besonderen Herausforderungen für die Reinigungskräfte liegen, erklärt Janus. Beispielweise habe eine Reinigungsfirma versucht, kleine Putzroboter an der Außenfassade des Paul-Löbe-Hauses einzusetzen, in dem die Ausschüsse tagen. Doch die Roboter blieben an den metallenen Rahmen zwischen den Glaselementen hängen.
Deshalb wird inzwischen wieder überall per Hand geputzt. Bei der Außenreinigung der Reichstagskuppel wird eine Metallgondel an einer massiven halbrunden Strebe befestigt und über die Glasfläche geschwenkt. Die Besucher können den fleißigen Glasreinigern dabei von innen bei der Arbeit zuschauen.
Geputzt wird innen und außen ganz traditionell: mit flauschigem Wischer, Abzieher und Ledertuch. Probleme mit Vögeln, die anderswo oft gegen große Glasscheiben fliegen, gibt es an der Kuppel nicht. "Von der Verglasung der Brücke zwischen dem Paul-Löbe-Haus und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus über der Spree hat der Architekt jedoch aus genau diesem Grund abgesehen", sagt Reinigungsdienstleiter Daniel Janus.