Geschichte
Die Pflegeversicherung wurde 1995 gegen starken Widerstand eingeführt
"Ich bin in dem Hindernislauf Pflegeversicherung zehn Jahre älter geworden. Mit dem Beschluss dann allerdings wieder fünfzehn Jahre jünger." Der ehemalige Bundessozialminister Norbert Blüm (CDU), der "Vater der Pflegeversicherung", ist heute noch stolz auf das große Sozialprojekt der schwarz-gelben Regierung. Nach umfangreichen Beratungen und zweimaliger Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmte der Bundestag am 22. April 1994 dem Gesetz endgültig zu. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlten nun je zur Hälfte Beiträge in die Pflegekassen ein. Damit die zusätzlichen Kosten die Arbeitgeber nicht zu stark belasten, wurde im gesamten Bundesgebiet mit Ausnahme von Sachsen ein gesetzlicher Feiertag - der Buß- und Bettag - gestrichen. Beiträge mussten vom 1. Januar 1995 an gezahlt werden. Kennzeichen der neuen Teilkasko-Versicherung ist bis heute, dass sie nicht das gesamte Pflegerisiko abdeckt. Vielmehr gewährt sie feste Zuschüsse in Abhängigkeit von der tatsächlichen Pflege- bedürftigkeit.
Die christlich-liberale Regierung entschied sich bei der Finanzierung für ein Umlagesystem, bei dem die laufenden Beitragseinnahmen unmittelbar zur Deckung der anfallenden Pflegekosten verwendet werden. Wirtschaft und Wissenschaft erhoben massive Bedenken, Ökonomie-Professoren plädieren bis heute nahezu geschlossen für eine private, kapitalgedeckte Absicherung des Pflegefallrisikos. Vom Jahr 2004 an galt dann der volle Pflegeversicherungsbeitrag von 1,7 Prozent auch für die Rentner. 2005 stieg der Beitrag für kinderlose Versicherte über 23 Jahre um 0,25 Prozentpunkte. Grund war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Familienlastenausgleich.
Gegner hätten geunkt, so Blüm, dass die Versicherung bereits Ende des ersten Jahres pleitegehe. "Sie ging es nicht und hat im Unterschied zu vielen anderen Sozialversicherungen keine Bundeszuschüsse bekommen und ist bislang auch ohne Beitragserhöhungen ausgekommen."
Das hat sich nun zum 1. Juli dieses Jahres geändert, mit der Reform zur Weiterentwicklung der Pflegereform wurden die Beiträge für alle um 0,25 Prozentpunkte erhöht.
Die Autorin ist Korrespondentin im Bundesbüro der Nachrichtenagentur ddp.