Jedes Jahr wandern zwischen eineinhalb und zwei Millionen Menschen aus Drittstaaten in die Europäische Union (EU) ein. Sie kommen, um Arbeit zu finden, um existenzieller Not in ihren Heimatländern zu entfliehen, oder sind einfach auf der Suche nach einem besseren Leben. Viele kommen legal, manche nur für eine begrenzte Zeit, eine nicht bezifferbare Anzahl versucht es auf irregulärem Weg, oft ohne jegliche Papiere. Um ihr Ziel zu erreichen, sind vor allem die Armen bereit, erhebliche Risiken auf sich zu nehmen. Allein an den Küsten Süditaliens landeten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mehr als 10 000 Bootsflüchtlinge - mehr als doppelt so viele wie im ersten Halbjahr 2007. Die italienische Regierung sah sich gezwungen, den umstrittenen "Flüchtlings-Notstand", der bisher nur für einige Regionen galt, auf das ganze Land auszudehnen. Doch das Problem ist kein exklusiv italienisches, sondern ein gesamteuropäisches.
Seit Jahren ringen die Mitgliedstaaten der EU um eine Vereinheitlichung und bessere Regelung der Migrationspolitik, bislang jedoch ohne durchschlagenden Erfolg. Dabei ist Europa auf eine klug regulierte Zuwanderung angewiesen: Aufgrund der demographischen Entwicklung werden im Jahr 2040 in der EU 20 Millionen Menschen "fehlen". Zwar hat die Bundesregierung jüngst Maßnahmen beschlossen, die mehr Fachkräfte anlocken sollen, doch noch immer sind die Hürden zur dauerhaften Einwanderung sehr hoch, auch für gut ausgebildete Menschen. Mit den Beitritten von Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn (2004) sowie Bulgarien und Rumänien (2007) haben sich die Grenzen der Union weit nach Osten verschoben. Dass von den neuen Mitgliedstaaten nicht nur Gefahren für den einheimischen Arbeitsmarkt ausgehen, sondern in ihnen auch große Potenziale liegen, wird oft übersehen.