Brigitte Pothmer, Bündnis 90/Die Grünen
Nicht die gesetzlichen Regelungen, sondern die Mängel bei deren Umsetzung sind das Problem von Hartz IV. Der Bundesrechnungshof hat es bestätigt: Die Versäumnisse sowohl bei der Förderung von Arbeitslosen als auch bei der Überprüfung von Leistungsansprüchen sind eklatant. Ein Großteil der Mittel für Integrationsmaßnahmen ist nicht eingesetzt worden. Zugleich gibt es in den Agenturen zu wenig oder nur unzureichend qualifiziertes Personal. Nach über sieben Monaten hat es bei einem Drittel der Arbeitssuchenden noch keine Eingliederungsgespräche gegeben. So kann die Vermittlung in Arbeit nicht vorankommen.
Das hektische Herumwerkeln der Großen Koalition an der Grundsicherung für Arbeitslose muss aufhören. Immer neue Bestimmungen (allein rund 70 im Rahmen des SGB-II-Fortentwicklungsgesetzes) sorgen nicht für bessere Beratung und Vermittlung. Die Regierung verabschiedet sich vom Prinzip des „Förderns und Forderns“, bevor es noch richtig wirken konnte; die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung von Hartz IV wurden gar nicht erst abgewartet. Stattdessen wurde eine Missbrauchsdebatte geschürt, um die Begründung für verschärfte Sanktionen zu liefern. Die Umsetzung muss qualifiziert werden, einzelne Regeln müssen optimiert werden und vor allem muss die Beschimpfung der Hilfebedürftigen aufhören – so stellen wir uns die Weiterentwicklung von Hartz IV vor.
Mit dem Gesetz sollten die Verschiebebahnhöfe zwischen Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit beendet und das ungerechte Nebeneinander von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe aufgehoben werden. Außerdem sollte die verdeckte Armut durch den diskriminierungsfreien Zugang zu einer Grundsicherung abgebaut werden. Beide Ziele halten wir nach wie vor für richtig und an beiden Zielen werden wir festhalten. Wir wissen: Hartz IV kann nicht die Arbeitslosigkeit beseitigen, es kann aber dazu beitragen, die Zugangschancen zum Arbeitsmarkt zu verbessern.
Erschienen am 6. Juli 2006
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