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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: Die neuen Gremien
Gültig ab: 18.06.2008 10:19
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Die neuen Gremien

Konstituierende Sitzung des Deutschen Ethikrates.
Konstituierende Sitzung des Deutschen Ethikrates
© DBT/Werner Schüring

Deutscher Ethikrat und Ethikbeirat

Bundespräsident Johannes Rau hat in seiner stark wahrgenommenen „Berliner Rede” zur Bioethikdebatte am 18. Mai 2001 die Anforderungen an die Politik sehr treffend formuliert: „Eine der Schwierigkeiten der Debatte, die wir führen müssen, liegt darin, dass die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen so schnell fortschreiten. Wir kommen kaum noch dazu, ihre Chance und ihre Risiken kritisch zu reflektieren. Beschleunigung und wachsender Zeitdruck sind aber selbstgemachte Sachzwänge, denen wir uns nicht ausliefern dürfen. Ethische Reflexion darf nicht zum moralischen Deckmantel längst getroffener Entscheidungen verkommen.”

Eine ethische Güterabwägung als integrativer Bestandteil moderner Politik ist nicht selbstverständlich. Im Ausland sind jedoch Ethikräte, die den Regierungen als Beratergremium zur Verfügung stehen, durchaus etabliert: In Italien etwa wurde bereits 1990 per Ministerpräsidentenbeschluss das „Comitato Nazionale per la Bioetica” gegründet. Viele andere europäische, vor allem auch osteuropäische Länder folgten in den 90er-Jahren. Diesen Gremien fällt in der Regel auch die Aufgabe zu, den gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu ermitteln.

In den USA gründete George W. Bush 2002 ein eigenes „President's Council on Bioethics”, nachdem er ein ähnliches aufgelöst hatte, das sein Vorgänger Bill Clinton 1995 etabliert hatte. Das Beispiel deutet an, dass derartige Gremien immer ein Legitimationsproblem haben. Da sie in der Regel von Regierungschefs besetzt werden, stehen sie unter Verdacht, nicht neutral zu sein, sondern interessengeleitet.

Dieses Schicksal erlitt auch der von Gerhard Schröder (SPD) per Kabinettsbeschluss 2001 ins Leben gerufene Nationale Ethikrat, der sich zwar unter Leitung des Rechtswissenschaftlers Spiros Simitis um große Transparenz und Öffentlichkeit bemüht hat. Wie stark sein Einfluss letztlich jedoch war, ist unklar. Als struktureller Konflikt war sicherlich angelegt, dass sich das Parlament nicht etwas von einem externen Expertengremium des Kanzlers aufdrängen lassen wollte. Gerade die in der Bioethikdebatte aktiven Parlamentarier und Mitglieder der Enquete-Kommissionen fielen durch eine eher ablehnende Haltung auf, sodass sich eher bezweifeln lässt, dass die aufwendig erarbeiteten Empfehlungen und Expertisen des Nationalen Ethikrates in der Legislative auf großes Interesse gestoßen sind.

Unter der Großen Koalition wurden daraus Konsequenzen gezogen: Einerseits wurde nun der Deutsche Ethikrat per Gesetzesbeschluss 2007 ins Leben gerufen, der den Nationalen Ethikrat ablösen sollte. Seitdem sind nicht nur Bundesregierung, sondern hälftig auch der Bundestag berufungsberechtigt — allerdings entsprechend dem jeweils aktuellen Fraktionsproporz. Das bedeutet, dass die Opposition nur geringe Mitspracherechte hat. Der Ethikrat ist ein Expertengremium, Politiker sind dort in der absoluten Minderheit. Er besteht nicht nur aus Geisteswissenschaftlern oder Theologen, deren Fachgebiete Ethik oder Philosophie sind, sondern vor allem aus Naturwissenschaftlern und Juristen. Laut Gesetz ist dieser Rat unabhängig und der Aufgabe verpflichtet, über gesellschaftspolitische Themen zu informieren und öffentliche Diskussionen anzuregen, Stellung zu nehmen und Empfehlungen für politisches Handeln zu erarbeiten.

Die Einrichtung eines ständigen neunköpfigen Parlamentarischen Beirates für Ethikfragen des Bundestages im April 2008 ist als direkte Reaktion der Parlamentarier auf den Deutschen Ethikrat zu sehen. Der mit den Fachpolitikern der Fraktionen besetzte Beirat soll garantieren, dass ethische Fragen nicht am Parlament vorbeidiskutiert werden. René Röspel (SPD) ist Vorsitzender des Gremiums. Eine Themenagenda steht noch nicht fest, es soll laut Röspel jedoch additiv zu den Themen des Deutschen Ethikrates agieren.
 

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Text: Corinna Emundts
Erschienen am 18. Juni 2008

Weitere Informationen:

Mitglieder des Ethikbeirats
Parlamentarischer Beirat zu Fragen der Ethik insbesondere in den Lebenswissenschaften

Vorsitzender: René Röspel, SPD
Stellvertretende Vorsitzende: Ilse Aigner, CDU/CSU
Mitglieder CDU/CSU: Ilse Aigner, Jürgen Gehb, Annette Widmann-Mauz
Stellvertreter: Norbert Geis, Hubert Hüppe, Michael Kretschmer
Mitglieder SPD: Carola Reimann, René Röspel, Marianne Schieder
Stellvertreter: Peter Friedrich, Matthias Miersch, Jörg Tauss
Mitglied FDP: Ulrike Flach; Stellvertreter: Michael Kauch
Mitglied Die Linke: Petra Sitte; Stellvertreter: Bodo Ramelow
Mitglied Bündnis 90/Die Grünen: Priska Hinz
Stellvertreterin: Birgitt Bender


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