Ein Gespräch mit Hans-Ulrich Klose, Vorsitzender der Parlamentariergruppe USA , über das Jubiläum, die transatlantischen Beziehungen und den US-Wahlkampf.
Blickpunkt Bundestag: Herr
Klose, Sie haben beim Congress- Bundestag-Seminar mit Leuten
gesprochen, die nah dran sind am Puls der US-Politik. Ihr Tipp: Wer
wird nächster Präsident?
Hans-Ulrich Klose: Schwer zu sagen.
Ich denke, Barack Obama kann es schaffen. Aber ich gebe gern zu,
dass da etwas voluntaristisches Denken im Spiel ist. Ich glaube,
Obama kann den USA einen Push geben in eine neue Richtung, und das
traue ich den beiden anderen Kandidaten nicht so recht zu.
Blickpunkt: Wäre Obama
für die Europäer ein angenehmer Partner? Bisher hat er
sich eher vage zur Außenpolitik geäußert.
Klose: Zu diesem Thema hatten wir
ein interessantes Gespräch mit dem außenpolitischen
Berater Obamas, Richard Danzig. Er hat versucht, Obamas Politik aus
seinem persönlichen Lebensund Erfahrungshorizont heraus zu
definieren. Danach denkt Obama nicht konfrontativ, sondern setzt
auf Partnerschaft — auch in der Außenpolitik. Umso
wichtiger ist es, dass er dabei nicht gleich zu Beginn
Enttäuschungen erlebt.
Blickpunkt: Inwiefern?
Klose: Nun, die Gefahr besteht, dass
er mit seiner Vorstellung von Partnerschaft Erwartungen an seine
Partnerländer aufbaut, die diese so schnell nicht
einlösen können, etwa weil sie — wie Deutschland
— vor Wahlen stehen. Das haben wir unsererseits versucht, Mr.
Danzig klarzumachen.
Blickpunkt: Sie haben in
Washington ein Jubiläum begangen: 25 Jahre
Congress-Bundestag-Seminar. Wieso ist dieses Seminar für die
deutsch-amerikanischen Beziehungen so wichtig?
Klose: Weil es Parlamentariern
beider Länder einen intensiven Austausch ermöglicht, und
das seit nunmehr einem Vierteljahrhundert. Diese Tradition schien
nur einmal kurzfristig gefährdet — bei der
Auseinandersetzung um den Irak-Krieg. Damals zögerte der
Vorsitzende auf amerikanischer Seite, das Seminar stattfinden zu
lassen, weil er sich tief verletzt fühlte durch die ablehnende
Haltung der deutschen Regierung zu diesem Krieg. Schließlich
fand es aber doch statt, und das war auch gut so.
Blickpunkt: Warum?
Klose: Weil es erheblich dazu
beigetragen hat, das Verhältnis zwischen Deutschland und den
USA zu entlasten. Die Amerikaner sagen immer: Dank der
Parlamentariergruppen beider Länder haben sich die
deutsch-amerikanischen Beziehungen damals nicht ganz so
verschlechtert wie die zwischen Frankreich und den USA.
Blickpunkt: Die
Parlamentariergruppe als eine Art Korrektiv für Verstimmungen
auf Regierungsebene?
Klose: Nein, das ist nicht ihre
ursprüngliche Absicht gewesen. Ziel war vielmehr von Anfang an
so etwas wie parlamentarisches Networking: Man kennt amerikanische
Kollegen, man kann sich austauschen, wenn nötig telefonieren.
Das ist, was ich parlamentarische Graswurzelarbeit nenne. Zwar
spielen diese Parlamentarierkontakte keine direkte Rolle bei
Regierungsentscheidungen. Und dennoch: Indem sie Vertrauen
schaffen, gestalten sie indirekt die Außenpolitik der
jeweiligen Regierungen mit.
Interview: Nicole Alexander
Erschienen am 18. Juni 2008
Das
Congress-Bundestag-Seminar
ist eine gemeinsame Konferenz der Congressional Study Group on
Germany des US-Kongresses und der Parlamentariergruppe USA des
Bundestages. Seit 1983 treffen sich Parlamentarier beider
Länder einmal im Jahr, um über aktuelle Themen zu
diskutieren. Im Mai 2008 fand das Seminar in Utah und Washington,
D.C., statt.