Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht nur in 16 Bundesländer, sondern auch in 299 Bundestagswahlkreise aufgeteilt. Diese Wahlkreise geraten meist nur alle vier Jahre in den Blick der Öffentlichkeit, dabei erfüllen sie auch zwischen den Wahlen eine wichtige Aufgabe. Die Wahlkreise garantieren nämlich jedem Bürger mindestens einen Bundestagsabgeordneten als direkt gewählten Vertreter der regionalen Interessen im Bundestag.
So hat jeder Bürger mindestens einen Abgeordneten als direkten Ansprechpartner vor Ort, oftmals die letzte Anlaufstelle im Behördendschungel und manchmal sogar die letzte Anlaufstelle bei existenziellen Problemen, für die sich niemand mehr zuständig fühlt. Im Wahlkreis Trier und Trier-Saarburg ist es zum Beispiel der CDU/CSU-Abgeordnete Bernhard Kaster, im Wahlkreis Bernburg, Bitterfeld, Saalkreis der SPD-Abgeordnete Klaas Hübner.
Damit alle Deutschen die gleiche Chance auf Wahrnehmung ihrer Interessen haben, sind alle 299 Wahlkreise annähernd gleich groß. Zumindest was die Bevölkerungszahl angeht. Im Schnitt leben 250.000 Bürgerinnen und Bürger in einem Wahlkreis, wobei die Abweichung nach oben oder unten in jedem einzelnen Wahlkreis nicht mehr als 15 Prozent betragen soll. Dies legt ein eigenes Gesetz, das Wahlkreisneueinteilungsgesetz, seit 1998 fest.
Im Gegensatz zur Bevölkerungszahl variiert die geografische Größe der einzelnen Wahlkreise allerdings immens. In den Millionenstädten Berlin, Hamburg oder München beispielsweise hat oft jeder Stadtteil sogar mehr als einen Wahlkreis: Abgeordnete wie Werner Hoyer (FDP) aus Köln könnten ihren Wahlkreis hier ganz bequem zu Fuß abschreiten – oder mit dem Fahrrad, wie etwa Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) seinen Wahlkreis Berlin-Friedrichshain, Kreuzberg, Prenzlauer Berg-Ost.
Anders sieht es bei den so genannten Flächenwahlkreisen aus. Im Wahlkreis des CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten Bernhard Kaster beispielsweise geht ohne Auto gar nichts. Bernhard Kasters Wahlkreis ist rund 1.208 Quadratkilometer groß.
Egal ob ein Abgeordneter das Direktmandat in seinem Wahlkreis errungen hat, dort also die Mehrheit der Stimmen erlangen konnte, oder über die Landesliste in den Bundestag eingezogen ist, die Arbeit in der eigenen Heimat ist für beinahe jeden Abgeordneten gleich wichtig, dabei aber längst nicht überall gleich.
Jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete entwickelt ein eigenes Konzept. Bei Bernhard Kaster besteht dies aus drei großen Säulen: ein Bürgerbüro vor Ort als ständige Anlaufstelle für Bürger im Wahlkreis, regelmäßig zum Ende jeder Sitzungswoche im Zeitungsstil aufgearbeitete Informationen für die wahlkreisrelevanten Entscheidungen in Berlin sowie als dritte Säule ständige Präsenz, Themensetzung und Dialog durch Veranstaltungen im Wahlkreis. „Die Hürde zum Ansprechen des Bundestagsabgeordneten muss so gering wie nur möglich sein“, erläutert Kaster seine Sicht der Wahlkreisarbeit.
Bürgersprechtag ist für den CDU/CSU-Parlamentarier in Deutschlands ältester Stadt Trier fast täglich. Dabei geht es dann um Hilfe oder Unterstützung bei Behördenentscheidungen, politische Unterstützung für innovative Ideen im Wahlkreis oder Sorgen der Kommunen, regionalen Verbände, Institutionen oder Betriebsräte über geplante Gesetzesvorhaben.
Der Parlamentarier soll aber auch die Interessen der Region wahrnehmen und Chancen für eine bessere Entwicklung des Wahlkreises, für mehr Arbeitsplätze oder bessere Ausbildungsmöglichkeiten aufzeigen. Kaster hat beispielsweise eine eigene Veranstaltungsreihe initiiert, bei der sich unterschiedliche Fachleute und Funktions- und Mandatsträger über alle Parteigrenzen hinweg treffen, wenn es darum geht, Probleme der Region zu lösen. Den dazu passenden Namen hat die Veranstaltungsreihe auch: Die Region in einem Boot.
Ins Gespräch kommen ist auch für Klaas Hübner eine der wichtigsten Aufgaben in seinem Wahlkreis Bernburg, Bitterfeld, Saalkreis. Den Schwerpunkt richtet der SPD-Bundestagsabgeordnete dabei vor allem auf die Bereiche Senioren und Jugend. Und dafür geht er sogar wieder in die Schule, zum Beispiel in die Nienburger Sekundarschule. Viele der Schüler der 9. und 10. Sozialkundeklassen kennen ihren „Lehrer“ für solche Unterrichtsstunden schon. Der Parlamentarier nimmt sich regelmäßig Zeit für die Schüler, um über das zu berichten, was im Bundestag passiert: Wie kommt man als Abgeordneter in einen Ausschuss? Wie werden im Bundestag Beschlüsse gefasst? Wie ist die Spitze unseres Staates eigentlich strukturiert? Manchmal sind es die vermeintlich einfachen Fragen, die Menschen wieder näher an die Politik bringen.
Dass man dies durchaus auch mal bei einem Fußballturnier machen kann, beweist der begeisterte Fußballer Klaas Hübner regelmäßig bei einem Kick der Jugendclubs in seiner Heimat. Als Torwart der Bitterfelder Jusos mischt der 37-Jährige hier sogar noch aktiv mit. Inklusive Politplausch in der Halbzeitpause.
Probleme aus verschiedenen Sichten zu bewerten, hat er sich zur Maxime gemacht. Doch dafür muss man den Menschen auch zuhören, versuchen, ihre Sicht der Dinge zu verstehen. Bereit sein, auch zu lernen von denen, die andere Erfahrungen in ihrem Leben machten.
Auch die Förderung der regionalen Wirtschaft liegt im Interesse eines Wahlkreisabgeordneten. Gespräche mit den regionalen Unternehmern und mit den Betrieben vor Ort sind für den SPD-Abgeordneten Klaas Hübner daher selbstverständlich. Kein Wunder: Der Volksvertreter ist selbst Unternehmer und seine Gespräche mit der Wirtschaft bewegen sich daher auf einer ganz anderen Ebene als vielleicht üblich.
Für eine Konzentration der Wachstumspotenziale im Gespräch mit den Vertretern der Wirtschaft, kommunalen Entscheidungsträgern und den Ministerien in Land und Bund zu werben, ist für ihn ein entscheidender Bestandteil seiner Arbeit. Daher hat er einen Gesprächskreis „Netzwerk Wirtschaft“ ins Leben gerufen.
Die Bündelung der mitteldeutschen Chemieparks ist nur ein Beispiel für die erfolgreiche Wirtschaftsförderung in seinem ostdeutschen Wahlkreis. „Mit Engagement lässt sich vieles erreichen“, sagt Klaas Hübner. „Wir müssen lernen, nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen zu sehen. Besinnen wir uns auf unsere Stärken. Dann werden wir die aktuellen Aufgaben lösen.“
Text: Christian Zentner
Fotos: Deutscher Bundestag