Trotz Michail Gorbatschows Glasnost (Transparenz) und Perestroika (Umgestaltung) in der Sowjetunion verharrte die DDR-Führung im Herbst 1989 in einem sturen Reformunwillen. Die Folge war eine starke Fluchtwelle, die schließlich zur Massenflucht über die westdeutschen Botschaften in Prag und Warschau, vor allem aber über Ungarn wurde. Parallel dazu kam es in der DDR zu Protesten und Demonstrationen. Erst in Friedensgebeten, dann auf Montagsdemonstrationen vor allem in Leipzig riefen Hunderttausende „W i r sind das Volk!”, bald darauf „Wir sind e i n Volk!” Die friedliche Revolution war nicht mehr aufzuhalten.
Die DDR-Führung versuchte, mit dem Wechsel von Erich Honecker zu Egon Krenz als SED-Chef einen Neuanfang vorzutäuschen, doch es war zu spät. Am Abend des 9. November gab das SED-Politbüromitglied Günter Schabowski in Berlin eine live übertragene Pressekonferenz. Dabei zog er einen Zettel hervor und las eine neue Regelung vor: „Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen – Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse – beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt.” Auf die Nachfrage, wann das in Kraft trete, stotterte Schabowski: „Das trifft nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.” Zigtausende Ostberliner hatten Schabowski gehört, strömten sofort zu den Grenzübergängen. „Tor auf! Tor auf!” riefen sie. Erst zögerten die Grenzer, dann gaben sie nach. Nach 28 Jahren öffnete sich die Mauer. Um Mitternacht waren sämtliche Übergänge in Berlin geöffnet. Freudetrunken lagen sich die Menschen aus Ost und West in den Armen. Und Berlins Regierender Bürgermeister Walter Momper sagte: „Die Deutschen sind heute das glücklichste Volk der Welt.”
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Chronik
„50er-Jahre bis zur Gegenwart” »
Text Dr. Sönke
Petersen
Erschienen am 12. Juni 2009