Christine Lieberknecht kennt die Landtagsfraktion im Freistaat wie keine andere, zumal sie ihr seit 1990 angehört. Sie war viele Jahre Ministerin für Bundesangelegenheiten in Bonn; die vergangenen fünf Jahre war sie Landtagspräsidentin. Ein Amt, das sie mit ebenso harter wie unparteiischer Hand ausübte und ihr auch den Respekt der Opposition einbrachte. Darüber hinaus ist sie stellvertretende Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU/CSU und Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Die neue Fraktionsvorsitzende (mit 91 Prozent der Stimmen gewählt, was bislang keiner ihrer Vorgänger schaffte, selbst Althaus nicht) ist damit in den innersten Machtzirkel der thüringischen Union gerückt. Ihre Aufgabe ist es vor allem, dem Ministerpräsidenten den Rücken freizuhalten, die 45 Mitglieder starke Fraktion zusammenzuhalten und das Gespräch mit der Opposition zu suchen. Dabei wird sie vor allem mit dem starken PDS-Kollegen Bodo Ramelow zu tun haben (an dessen kirchlicher Hochzeit sie übrigens teilnahm, was ihr einige Parteifreunde verübelt haben), aber auch mit dem Vorsitzenden der drittstärksten Partei, Christoph Matschie (SPD).
Matschie ist übrigens auch evangelischer Theologie, so dass sich die Fraktionsführungen fest in protestantischer Hand befinden - von Lieberknecht bis Matschie und Ramelow, der sich öffentlich als evangelischer Christ bekennt. Der neue SPD-Fraktionschef verzichtete auf sein Bundestagsmandat, um mit Kärrnerarbeit die SPD in ihrem historischen Stammland wieder nach vorn zu bringen. Doch die eigenen Genossen machten es ihm nicht leicht. Nur neun der verbliebenen 15 Abgeordneten stimmten für ihn als Fraktionschef. Und seinen Gefolgsmann Uwe Höhn ließ die Fraktion als Parlamentarischer Geschäftsführer im ersten Wahlgang zunächst einmal durchfallen.
Zur Protestanten-Riege an der Spitze des Freistaates zählt auch Dagmar Schipanski, 1999 die Unionskandidatin für das Bundespräsidentenamt. Nun ist sie die neue Präsidentin des Landtages. Sie ist Mitglied der Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD. Die bisherige Wissenschaftsministerin hat Erfahrung im präsidieren - unter anderem als ehemalige Rektorin der TU Ilmenau. Allerdings wurde sie in der eigenen Fraktion lediglich von 35 der 45 Mitglieder für das Amt der Landtagspräsidentin nominiert.
Dieter Althaus, als Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) konfessionelles Gegengewicht zur starken protestantischen Riege im Landtag, wurde von seiner Landtagsfraktion einstimmig als Ministerpräsident nominiert - ein Amt, das er erst 2003 von seinem Vorgänger Bernhard Vogel übernommen hatte.
Und so sieht das neue thüringische Kabinett aus: Neu ist Justizminister Harald Schliemann, ein gebürtiger Schleswig-Holsteiner, zuletzt Bundesarbeitsrichter. Der bisherige Justizminister Karl Heinz Gasser ist neuer Innenminister. Neu ist das Ministerium für Bau und Verkehr unter Leitung von Andreas Trautvetter, der bislang das Innenressort verantwortete. Der frühere Fachhochschulrektor Jens Goebel wurde neuer Kultusminister. Er ist nun auch für Kunst und Wissenschaft (das bisherige Ressort von Dagmar Schipanski) zuständig. Der Chef der Staatskanzlei Gerold Wucherpfennig wird zugleich Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten. Als Bevollmächtigte des Freistaates beim Bund steht ihr künftig Renate Meier zur Seite. Der bisherige Minister Hans Kaiser gehört dem Kabinett nicht mehr an. Er hatte auch nicht für den Landtag kandidiert. Finanzministerin bleibt Birgit Diezel. Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit ist Jürgen Reinholz, für Soziales, Familie und Gesundheit Klaus Zeh. Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt bleibt Volker Sklenar.
Bei der Kabinettsbildung hat Altshaus darauf geachtet, dass vor allem die Fraktion berücksichtigt wurde. So gehört lediglich der neue Justizminister nicht dem Landtag an. Kritik hat es bereits gegeben, dass mit Finanzministerin Diezel lediglich eine Frau in der Ministerriege zu finden ist. Auch in der Staatssekretärsriege findet sich mit Renate Meier nur eine Frau. Die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit wird im Mittelpunkt der Arbeit der neuen Legislaturperiode stehen. Dazu kommt der Versuch, die hohe Abwanderung zu stoppen, die Wirtschaftsinvestitionen zu fördern und das Land Thüringen als "grünes Herz" Deutschlands noch mehr als bislang zu einer Touristenregion auszubauen.