Größer konnte das Lob kaum sein, das der irische Ministerpräsident Bertie Ahern im Europäischen Parlament für seinen Vorsitz in der EU im ersten Halbjahr 2004 erhielt. Der eindrucksvollen Erfolgsbilanz mochte kaum ein Abgeordneter widersprechen: Einigung über die Verfassung, erfolgreicher Abschluss der Erweiterung, Verstärkung der wirtschaftlichen Beschlüsse im Rahmen der Lissabonner Strategie und der Abschluss zahlreicher Gesetze zur Stärkung des gemeinsamen europäischen Rechtsraums. Auch der Präsident der EU-Kommission, Romano Prodi, würdigte die großartige diplomatische Leistung von Taoiseach (auf irisch: Häuptling) Ahern, der den nationalen Sonderwünschen für die Verfassung einerseits innovative Lösungen entgegengesetzt habe, andererseits aber stets auf die Ausgewogenheit insgesamt geachtet habe. Prodi zeigte sich überzeugt, dass die Verfassung die erweiterte Union in die Lage versetzen werde, noch wirksamer im Interesse ihrer Völker zu arbeiten. Zugleich wies er den Vorwurf zurück, der neue Grundlagenvertrag werde für das soziale Europa einen Rückschritt bedeuten. An der Gewichtigkeit der einzelnen Politikbereiche in der Union werde sich nur wenig ändern, immerhin aber erhebe die Verfassung die Vollbeschäftigung und den sozialen Fortschritt zu Zielen der EU.
Irlands Premierminister hob als besonderen Erfolg die durch die Verfassung erreichte verbesserte demokratische Legitimation der Union durch weitere Kompetenzen für das Europaparlament hervor. Zugleich sei nun eine deutlichere Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen nationaler und europäischer Ebene erreicht worden. Darüber hinaus werde die Arbeit des Ministerrats nun transparenter und damit für den interessierten Bürger verständlicher, und mit der Verankerung der Grundrechtecharta seien die Grund- und Bürgerrechte der Menschen in Europa gestärkt worden.
Für die EVP gratulierte deren Faktionsvorsitzender Hans-Gert Pöttering der irischen Regierung zu deren Erfolg, den europäischen Kontinent in einer schwierigen Phase so engagiert zusammengehalten zu haben. Die notwendige Umsetzung der Europäischen Verfassung habe für seine Gruppe die "Priorität der Prioritäten". Nicht nur das Europäische Parlament, sondern auch die nationalen Parlamente würden gestärkt, und somit die gesamte parlamentarische Demokratie.
Für die Sozialisten begrüßte der frühere Parlamentspräsident Klaus Hänsch vor allem die Tatsache, dass durch die Verfassung die Handlungsfähigkeit und die Transparenz der Union verbessert worden seien. In der öffentlichen Diskussion sei fast immer nur über die Streitpunkte berichtet worden. Dabei fänden sich mehr als 90 Prozent des ursprünglichen Konventsentwurfs in der Verfassung wieder. Sein Fraktionskollege, der Luxemburger Robert Goebbels, begrüßte es in seiner Stellungnahme zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Stabilitätspakt, dass sich die Richter in ihrem salomonischen Urteil nicht in die Politik eingemischt hätten, wie er es zunächst befürchtet habe. In Zukunft könne der europäische Rat der Wirtschafts- und Finanzminister zwar die Vorschläge der Kommission ignorieren oder ablehnen, er dürfe aber nicht eigenmächtig die Regeln ändern. H. H.