Der Mittelstand ist Rückgrat und Motor der Wirtschaft in Deutschland. Ohne die mehr als drei Millionen kleinen und mittleren Betriebe geht nichts in unserem Land. Ihnen stehen nur rund 4.400 Großunternehmen gegenüber. Das bedeutet schlicht: 99,6 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen sind mittelständisch strukturiert. Sie
Nach wie vor stehen dem unternehmerischen Mittelstand aber zahlreiche Hemmnisse und Hürden im Wege: eine ständig steigende Abgabenlast und dadurch im internationalen Vergleich viel zu hohe Arbeitskosten, ein überregulierter Arbeitsmarkt und vor allem eine wuchernde Bürokratie. Solange es nicht gelingt, diese Wachstumsfesseln abzustreifen, wird der Aufschwung in Deutschland weiter auf sich warten lassen.
Deutschland bleibt auch nach der im Ansatz begrüßenswerten Steuerreform ein Hochsteuerland. Mit einer effektiven Steuerbelastung von knapp 40 Prozent wird der EU-Durchschnitt deutlich übertroffen. Die Hauptlast trägt der Mittelstand, weil er gegenüber den Kapitalgesellschaften noch immer steuerlich krass benachteiligt ist. Bis zum Jahr 2006 werden Betriebe und Bürger durch neue Steuergesetze sogar mit 35 Milliarden Euro zusätzlich zur Ader gelassen.
Während Deutschland beim Wachstum an letzter Stelle steht, hält es bei der Regulierung des Arbeitsmarktes den Rekord im OECD-Vergleich. So verhindert etwa der extensive Kündigungsschutz die Einstellung von älteren Jobsuchenden und Langzeitarbeitslosen. Bei einer Lockerung - dies belegen Umfragen - würden 70 Prozent der Klein- und Mittelbetriebe zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.
Ein Haupthindernis unternehmerischer Tätigkeit ist die Bürokratie. Verglichen mit den Großunternehmen, trifft es die Mittelständler besonders hart. Sie tragen mehr als 80 Prozent der volkswirtschaftlichen Gesamtkosten von geschätzten 46 Milliarden Euro, die durch den offenbar typisch deutschen Drang entstehen, alles bis ins Detail zu regeln.
Mit der Agenda 2010 hat die Bundesregierung den richtigen Weg eingeschlagen. Zu diesem Reformkurs gibt es keine Alternative. Deshalb trägt ihn der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft (BVMW) als stärkste Kraft des freiwillig organisierten Mittel-standes mit. Gleichwohl sind viele Einzelreformen nicht über erste Ansätze hinausgekommen, manches aus der Agenda wurde insbesondere auf Druck der Gewerkschaften verwässert oder ganz gestrichen.
Von mittelstandsfreundlichen Rahmenbedingungen kann deshalb noch lange nicht die Rede sein. Dazu bedarf es radikaler Reformschritte, zu denen den politisch Verantwortlichen bislang jedenfalls der Mut fehlte. In seinem Grundsatzprogramm "Mittelstand macht mobil" hat der BVMW der Politik den Weg zu Wachstum und Beschäftigung gewiesen:
Entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ist die Sicherung ihres Innovationspotenzials. Dazu bedarf es einer Grundsanierung des Bildungswesens. Kernelemente sind eine Verkürzung der Ausbildungszeiten in Schule und Hochschule, ein einheitliches Abitur in allen 16 Bundesländern und insbesondere die Schaffung nationaler Bildungsstandards. Die Wirtschaft braucht die Politik und umgekehrt. Im Mittelstand hat die Bundesregierung einen starken Partner. Auf ihn kann sie sich bei der Umsetzung der überfälligen Reformen verlassen. Diese dürfen nicht scheitern. Sonst stünde es schlecht um die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Mario Ohoven
Der Autor ist Präsident des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft (BVMW).