Internationale Kooperation ist längst ein Kennzeichen des Handwerks. So konnten 2003 aus Anlass des 40. Jahrestages der Unterzeichnung des Elysee-Vertrages auch die Präsidenten des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH), Dieter Philipp, und des französischen Handwerkskammerverbandes (APCM), Alain Griset, eine positive Bilanz ihrer über vier Jahrzehnte hinweg gewachsenen Partnerschaft ziehen: "Das deutsche und französische Handwerk sind Motor der europäischen Integration." Der jährliche Austausch von Auszubildenden, Ausbildern und Unternehmern findet immer größere Resonanz.
Immer mehr kommt China in das Blickfeld des Handwerks. Inzwischen besteht eine Zusammenarbeit mit acht Partnerkammern, die von Shanghai aus koordiniert wird. Dabei ist vor allem die Förderung der chinesischen Privatwirtschaft und der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) von großem Interesse. Das KMU-Förderprojekt zielt darauf ab, die chinesischen Kammern bei ihrer mühsamen Aufbauarbeit zu unterstützen und die Entwicklung der Privatwirtschaft sowie den Demokratisierungsprozess in China zu fördern. Aus der Sicht des ZDH besteht jedoch gegenwärtig im Blick auf die Lage der Privatwirtschaft noch eine deutliche Diskrepanz zwischen den Regierungsversprechen sowie der politischen und wirtschaftlichen Praxis.
Doch China ist keineswegs das einzige asiatische Land, mit dem der ZDH zusammenarbeitet. Auch mit Indien, Indonesien, Vietnam und den Philippinen gibt es Partnerschaftsprogramme, die eng mit der in Bonn beheimateten Stiftung für wirtschaftliche Entwicklung und berufliche Qualifizierung (SEQUA) abgestimmt werden. Seit 1999 hat das ZDH-Partnerschaftsprogramm Asien (ohne China) 500 Maßnahmen durchgeführt. Diese reichten von der Unterstützung beim Aufbau spezifischer Trainingsangebote für KMU bis zur Durchführung großer internationaler Konferenzen.
"Das Projekt hat sich nicht nur in seinen Partnerländern, sondern auch im gesamten südostasiatischen Raum einen hervorragenden Ruf erarbeitet", stellt der ZDH fest, "und wird als Kompetenzzentrum in der Zusammenarbeit mit Kammern und Verbänden angesehen." Teile des nunmehr beendeten Partnerschaftsprogramms werden bilateral weitergeführt. Dazu gehört auch das Internetforum "www.zdh-connect.com".
Seit Beginn der 80er-Jahre engagieren sich deutsche Handwerksorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit, die von der Idee geleitet wird, dass ein breiter Mittelstand das Rückgrat einer funktionierenden Marktwirtschaft und ein Schlüsselfaktor für wirtschaftlichen und sozialen Erfolg ist. Darüber hinaus bietet ein leistungsfähiges Handwerk eine Garantie, um die Armut zu bekämpfen. Voraussetzung für eine beständige Wirtschaftspolitik ist freilich eine prosperierende wirtschaftliche Entwicklung. Der ZDH: "Unternehmen benötigen einen verlässlichen Rahmen, in dem sie operieren können. Kleine und mittlere Unternehmen und eine Kultur selbständiger unternehmerischer Tätigkeit sind für Freiheit und Demokratie ein entscheidender Faktor. Dies ist der Ausgangspunkt für das Engagement deutscher Handwerksorganisationen in mehr 100 Partnerschaftsprojekten weltweit."
Ziel der Zusammenarbeit ist unter anderem, die Zahl handwerklicher Klein- und Mittelbetriebe zu vergrößern, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und bei den politischen Entscheidungsträgern auf die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen hinzuwirken, unter denen sich handwerkliche Klein- und Mittelbetriebe optimal entfalten können. Das entspricht auch den entwicklungspolitischen Leitlinien der Bundesregierung, die eine nachhaltige Strategie der Armutsminderung zum Ziel hat.
Die Finanzierung der entwicklungspolitischen Projekte erfolgt zu einem großen Teil durch das Entwick-lungshilfeministerium, aber auch Bundesländer und die Europäische Kommission beteiligen sich. Viele Projekte werden auch mit eigener Finanzierung von Handwerksorganisationen durchgeführt. Die meisten Partnerschaftsprojekte des deutschen Handwerks werden von der 1991 gegründeten SEQUA betreut. Dabei handelt es sich um eine gemeinnützige GmbH von ZDH, Deutschem Industrie- und Handelstag (DIHT) und Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA). SEQUA arbeitet in klassischen Entwicklungs- und in Schwellenländern sowie in Mittel- und Osteuropa. 2003 betreute SEQUA rund 80 Projekte mit einem Volumen von 13 Millionen Euro.
Wie wichtig der Mittelstand gerade auch für Länder wie Mexiko sind, zeigen folgende Daten: Rund 99 Prozent der mexikanischen Betriebe sind kleine oder mittlere Unternehmen. Mehr als 60 Prozent der Beschäftigten arbeiten in diesem Sektor, der jedoch lange Zeit ganz im Schatten der staatlichen Großbetriebe stand. Seit der wirtschaftlichen Öffnung des Landes ändert sich dies. Nun sind Konzepte für den Umbau der einst staatlich dominierten Wirtschaft gefragt. Zusammen mit mexikanischen Partnern und dem SEQUA-Teilhaber BDA wird nun versucht, deutsches Know-how der Mittelstandsförderung zu transferieren.
Im Mittelpunkt des Erfahrungsaustausches der Partner stehen Mechanismen der politischen Einflussnahme, Techniken von Konjunkturumfragen sowie Gesetzesinitiativen zur Gestaltung mittelstandsfreundlicher Rahmenbedingungen in Mexiko. Ein zweites Beispiel für die Arbeit von SEQUA: Kambodscha zählt nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt. Jahrzehnte Bürgerkrieg und Völkermord unter den Roten Khmer haben tiefe Spuren hinterlassen. Besonders hart ist die Landbevölkerung von der Armut betroffen.
Zusammen mit der Handwerkskammer Koblenz werden seit 1997 Handwerkergruppen in den Dörfern technisch so geschult, dass sie ihre Einkommen nachhaltig steigern können. Inzwischen gehören zu im Rahmen dieser Initiative gegründeten Cambodian Craft Cooperation (CCC) mehr als 700 Kleinstunternehmen - vom Keramikhersteller bis zum Seidenweber, vom Korbflechter bis zur Silberschmiede. Und selbstverständlich auch Kraftfahrzeugwerkstätten.
Martin Peter