Kein Auftrag gleicht dem anderen. Jede "Baustelle" hat ihre eigenen Besonderheiten. Improvisationstalent, ein hohes Maß an Fachwissen und das Verstehen von Zusammenhängen sind unabdingbar. Die Wettbewerbsvorteile des Handwerks gegenüber den industriellen Angeboten sind daher die Befriedigung individueller Kundenwünsche und Qualität. Und um beide Anforderungen sicherzustellen, liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Qualifizierung der Mitarbeiter und Meister. Vor diesem Hintergrund ist es besorgniserregend, wenn sich heute schon im Handwerk ein Fachkräftemangel abzeichnet und wertvolles Know-how verloren zu gehen droht. Um hier in meinem eigenen Handwerksbetrieb zu reagieren, habe ich zur Ergänzung unseres Teams in diesem Jahr einen zusätzlichen Auszubildenden eingestellt. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, von der viele meiner Kollegen in meiner Heimatregion Heilbronn - und sicherlich auch darüber hinaus - zu berichten wissen: Die Auswahl an qualifiziertem und motiviertem Nachwuchs ist gering. Es gibt also Handlungsbedarf, den qualifizierten Nachwuchs für das Handwerk zu gewinnen. Der erste Ansatz muss eine gezielte und bessere Information der Jugendlichen sein, verbunden mit einer intensivierten Öffentlichkeits- und Imagearbeit. Die Handwerksorganisation hat bereits auf regionaler Ebene zahlreiche Initiativen und Kampagnen gestartet. Vielen jungen Menschen ist heute überhaupt nicht bewusst, in welchem enormen Ausmaß moderne Handwerksberufe heute Kreativität, eigenständiges Handeln, technisches Know-how, Sozial-, Planungs- und Entscheidungskompetenz verlangen. Ich muss von meinen Mitarbeitern fordern können - egal ob Meister, Geselle oder Auszubildender -, dass sie eigenverantwortlich Handeln und Entscheidungen treffen können. Dafür müssen Sie entsprechend vorbereitet sein. Wissen und Können müssen stimmen. Nur dann sind sie selbst motiviert und treffen die richtigen Entscheidungen, in der Werkstatt, im Büro oder beim Kunden. An Möglichkeiten mangelt es nicht, dem motivierten Nachwuchs Qualifizierungsperspektiven zu bieten. Wichtige Angebote gibt es bereits heute. Sie müssen nur besser kommuniziert werden. So können die jungen Gesellen zum Beispiel die Zusatzausbildung zum Betriebswirt des Handwerks absolvieren. Mir zum Beispiel hat diese Ausbildung, die in ihren Inhalten wesentliche Teile eines betriebswirtschaftlichen Fachhochschulstudiums abdeckt, in der Praxis sehr geholfen. Denn im täglichen rauen Wettbewerbsalltag ist es für unseren Betrieb überlebenswichtig, Bescheid zu wissen über Vertriebsstrukturen, Marketingstrategien oder auch ein zeitgemäßes Kostenmanagement und das dazugehörende Controlling. Die wichtigste Grundsatz-Qualifizierung im Handwerk ist und bleibt jedoch der Erwerb des Meisterbriefs. Mehr als 26.000 bestandene Meisterprüfungen im vergangenen Jahr belegen, dass die Selbständigkeit von jungen Menschen als eine attraktive Form der Selbstverwirklichung angesehen wird. Kooperation mit den Hochschulen Das i-Tüpfelchen auf dem Meisterbrief könnte künftig ein angeschlossenes Hochschulstudium sein. Hier müssen allerdings noch die Zugangsmöglichkeiten verbessert werden. Niedersachsen hat es vorgemacht, dort ist der Meisterbrief eine Hochschulqualifikation. Die anderen Ländern müssen nun folgen und den Aspekt der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung besser berücksichtigen. Schon heute ergeben sich in vielen Betrieben wichtige Tätigkeitsfelder für Hochschulabsolventen, die ihnen eine Alternative für eine Karriere in der Industrie bieten. Das gilt für den Managementbereich ebenso wie für den technischen Bereich. Von neuen Kooperationen zwischen Hochschule und Handwerk erhoffen wir uns gute Ergebnisse für Betriebe und Hochschulabsolventen. Darum gilt es, dieses Potenzial zu nutzen.
Der Autor ist Sanitärmeister, geschäftsführender Gesellschafter der Bräuninger GmbH Bad & Design in Kupferzell bei Heilbronn, Betriebswirt des Handwerks und Bundesvorsitzender der Junioren des Handwerks e. V.