Doch eine bessere Ausbildung der Studenten oder höhere Forschungsleistungen lassen sich nicht von oben verordnen. Dafür sind innerhalb der Hochschule viele Partner gefragt: Professoren, Lehrbeauftragte, die Mitarbeiter in den Laboren, in der Verwaltung, in Rechenzentren und Bibliotheken. In den zahlreichen Gremien der akademischen Selbstverwaltung sind aber auch die Studenten aufgefordert, ihre Erwartungen und Wünsche zu artikulieren.
Eine Schlüsselstellung nehmen die Dekane ein, die Chefs der Fakultäten und Fachbereiche. Zwar kann das Präsidium einer Hochschule Reformen anstoßen, die eigentliche Arbeit jedoch muss in den Studiengängen bewältigt werden, die den Fakultäten unterstehen. Beim Dekan laufen alle Fäden zusammen. Doch Geld, um Neues zu gestalten, hat er meistens nicht. "Wie wollen Sie mit Geld lenken, wenn keines da ist?", fragt Harald Schwalbe, Dekan des Fachbereichs für Chemie und Pharmazie an der Universität in Frankfurt am Main. "Unser Jahresetat beträgt 14,5 Millionen Euro, davon sind neun Zehntel durch Personalausgaben fixiert. Ich kann nur ein Zehntel für Sachkosten ausgeben, da bleibt kaum Masse, um besondere Leistungen von Professoren zu honorieren."
Die Dekane haben also nur die Chance, das Ruder sanft zu führen: durch unermüdliche Gespräche mit ihren Kollegen, mit den Mitarbeitern und Studenten: "Wir stecken mitten in einem strategischen Prozess, in dem wir über die Neuausrichtung unseres Fachbereiches diskutieren", bestätigt Eckhart Koch, Dekan des Fachbereichs für Allgemeinwissenschaften der Fachhochschule in München. "Dabei habe ich durchaus Möglichkeiten, zu gestalten. Allerdings ist das nicht die Macht, Reformprozesse anzuordnen." Er weiß, dass die Wirksamkeit dienstlicher Weisungen sehr begrenzt ist: "Dann bleibt vieles doch wieder an mir hängen, denn am Ende hält der Dekan seinen Kopf hin." Koch setzt auf Überzeugungsarbeit: "Professoren sind keine abhängigen Angestellten. Wenn Sie ein Meeting anberaumen, dann müssen die Kollegen freiwillig kommen."
Volker Ulbricht, seit zwei Jahren Dekan der Fakultät Maschinenwesen an der Technischen Universität in Dresden, setzt vor allem auf die jüngeren Kollegen: "Um strategische Entscheidungen umzusetzen, bildet die Fakultät Arbeitsgruppen", erzählt er. "Dort setze ich Moderatoren ein. In der Regel ist es der jüngste Professor in der Gruppe, er muss die Entscheidungen am längsten ausbaden." Manchmal gibt es scheinbar unversöhnliche Differenzen. "Dann muss der Dekan Einzelgespräche führen", erklärt Ulbricht. "Dazu reserviere ich die Abendstunden und Kisten guten Rotweins." Bisher, so schätzt er ein, "habe ich in den Entscheidungen der Fakultät meine Handschrift immer wiedererkannt."
Volker Ulbricht stützt sich auf seinen Prodekan und zwei Studiendekane, die in den Studienkommissionen oder im Prüfungsausschuss "mit der Macht des Dekans im Rücken entscheiden", wie er sagt. "Den Vorsitz in den Berufungskommissionen und bei den Habilitationen mache ich jedoch selbst. Dann kann ich Beschlussvorlagen und Berufungsvorschläge im obersten Gremium der Universität, im akademischen Senat, leidenschaftlicher verteidigen, denn ich kenne die Details." Im akademischen Senat fechten die Fakultäten ihre Interessen in Konkurrenz miteinander aus, dort geht es um die Zukunft der gesamten Hochschule. An der TU in Dresden sitzen die Dekane qua Amt mit Stimmrecht im Senat, neben Vertretern der Professorenschaft, der Mitarbeiter und Studenten. Zudem treffen sie sich einmal im Monat zu einer Abstimmungsrunde oder beim Rektor, "wo wir die Chance haben, frank und frei zu sprechen", wie Volker Ulbricht erläutert. Sein Frankfurter Kollege Harald Schwalbe ist im Gremienproporz dagegen eher schwach aufgestellt. Er nimmt zwar an den Sitzungen des Fachbereichsrates teil, hat aber kein Stimmrecht.
Gut beraten sind die Hochschulen, die ihre Dekanate personell verstärken. Niedersachsen beispielsweise hat dafür spezielle Personalstellen eingeführt, um den Dekanen bei Verwaltungsaufgaben, der Buchführung und der Budgetplanung zu helfen. "Ich bin der Büroleiter und organisiere die Arbeit von sechs Mitarbeitern", erläutert Marc-Guido Megies, Fakultätsassistent bei den Agrarwissenschaftlern an der Fachhochschule in Osnabrück. Seine Aufgabe besteht vor allem darin, dem Dekan und seinen Studiendekanen den Rücken frei zu halten. Sein Chef soll sich auf Entscheidungen konzentrieren, die die Zukunft der Fakultät betreffen, "also auf den Zuschnitt der Institute, Drittmittelprojekte oder neue Forschungsfelder", berichtet der 42-Jährige. "Ich nehme ihm operatives Tagesgeschäft im Dekanat ab. Dazu gehören die Studienberatung, Prüfungswesen und die Redaktion der zahlreichen Vorlagen, die der Dekan in den Fakultätsrat oder in den Senat einbringt."
Die Fakultät hat 56 Professuren, rund 100 Mitarbeiter, vier Versuchsbetriebe und ein Freilandlabor. Ungefähr 1.700 Studenten sind in sechs Studiengängen eingeschrieben. "Ich muss den kompletten Haushalt kontrollieren und die jährlichen Wirtschaftspläne machen", erzählt Megies weiter. "Hinzu kommt, dass ich gemeinsam mit dem Dekan den Fakultätsrat betreue, also mit dem Dekan und den Studiendekanen alle Sitzungen vorbereite. Vor allem, wenn es dort um den Haushalt geht, braucht der Dekan einen Manager an seiner Seite, der die Zahlen im Kopf hat und Verteilungsmodelle durchspielen kann."
Anschließend schreibt der Assistent noch die Protokolle. Sein Chef nimmt lediglich letzte Korrekturen vor und unterschreibt. Der Dekan allein wäre mit den Unmengen an Papierkram, den Tabellen und Zahlen hoffnungslos überlastet, denn an der Fachhochschule in Osnabrück ist er zugleich Vizepräsident.
Schon um halb acht Uhr morgens steht Marc-Guido Megies auf der Matte, er geht kaum vor sechs Uhr abends nach Hause - und nimmt sich dennoch gelegentlich Akten mit. "Mein Job hält mich täglich zwölf Stunden auf Trab", berichtet er. "Aber mit meinen Vorlagen kann ich einiges bewegen. Viele Ideen entstehen im direkten Gespräch mit dem Dekan, mit Professoren, den Mitarbeitern und natürlich den Studenten", sagt der umtriebige Wissenschaftsmanager. "Seit die Stelle des Fakultätsassistenten existiert, hat sich das Gesprächsklima in der Fakultät deutlich verbessert, denn es ist immer ein Ansprechpartner da. Natürlich werden in meinem Büro auch Konflikte ausgetragen, vor allem bei Personalfragen und Finanzkürzungen." Manchmal muss er sich die Sorgen der Mitarbeiter anhören, sogar trösten. Denn "dem Dekan fehlt dafür häufig die Zeit".