Kommt er? Kommt er nicht? Diese Frage stellte die Wochenzeitung "Das Parlament" in der Ausgabe vom 23. Januar. Nun gibt es eine, wenn auch zunächst nur vorläufige Antwort: Vorerst wird kein Untersuchungsausschuss des Bundestages installiert, der sich unter anderem mit dem Auftrag und den Aktivitäten von BND-Agenten in Bagdad befassen sollte. Ein von der FDP und der Linkspartei initiierter Gruppenantrag auf Einsetzung eines solchen Geheimdienstuntersuchungausschusses fand nicht die erforderlichen 154 Befürworter. FDP und Die Linke verfügen im 16. Bundestag zusammen über 115 Abgeordnete. Und genau 115 Parlamentarier unterschrieben den Antrag. Es fehlten also 39 Stimmen. Kein Abgeordneter von den Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD fand sich zur Unterschrift bereit. Auch von der Mit-Oppositionsfraktion der Grünen war keine Signierung zu bekommen, obwohl sie in der Vorwoche - lediglich gegen die Stimme von Ex-Außenminister Joseph Fischer - noch für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses votierte.
Mit diesem Untersuchungsausschuss wollten FDP- und Linksfraktion die Aktivitäten der Geheimdienste nach den Terroranschlägen des 11. September klären. An die erste Stelle ihren Antrages stellten beide Fraktionen die Frage, "welche rechtstaatlich und menschenrechtlich gebotenen politischen Vorgaben die Bundesregierung den Sicherheitsbehörden" dafür gegeben habe.
Es sollte geklärt werden, ob die Gefangennahme und Gefangenentransporte US-amerikanischer Geheimdienste deutsche Interessen berührten, weil die Betroffenen in Deutschland gefangen genommen wurden, deutsche Staatsbürger waren oder der Transport der Gefangenen über deutsches Staatsgebiet führte. In diesem Zusammenhang sollte auch untersucht werden, ob Mitglieder der Bundesregierung und ihre Vorgänger sowie nachgeordnete Behörden von diesen Vorgängen gewusst oder daran mitgewirkt hätten.
Insbesondere sollten laut Antrag die Vorgänge um die Gefangennahmen des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri, des Ägypters Abu Omar und des gebürtigen Mauretaniers Mouhammedou Ould Slahi sowie die Befragung des deutschen Staatsbürgers Mohammed Haidar Zammar durch deutsche Ermittler in Syrien geklärt werden. Mit einbezogen war auch die Befragung des in Bremen geborenen türkischen Staatsbürgers Murat Kurnaz durch deutsche Beamte im US-Gefangenenlager Guantánamo. Außerdem wollten FDP und Linke geklärt wissen, ob und inwieweit die Bundesregierung und deren nachgeordnete Stellen kriegerische Handlungen der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak unterstützt habe.
Am Schluss des Untersuchungsverfahrens sollten laut FDP und Linksfraktion Vorschläge für Rechtsänderungen stehen. Die Arbeit deutscher Sicherheitsbehörden, vor allem der Geheimdienste, sollte mit einer effektiven politischen Leitung und Aufsicht durch die Bundesregierung und Kontrollmöglichkeit durch das Parlament überwacht werden. Die Grünen wollen nun erst im Februar nach Vorlage eines Regierungsberichts zu den Aktivitäten der Geheimdienste über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses entscheiden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, erklärte, wenn der Bericht Lücken oder Widersprüche aufweise, würden die Grünen einen entsprechenden Antrag einreichen. Für die FDP signalisierte deren Fraktionschef Wolfgang Gerhardt die Bereitschaft, mit den Grünen dann gegebenenfalls über ein solches Gremium zu beraten.
Das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste (PKG) forderte die Bundesregierung auf, die wesentlichen von FDP und Grünen in ihren Entwürfen gestellten Fragen zu beantworten. Dies teilte der PKG-Vorsitzende Norbert Röttgen (CDU/CSU) nach einer PKG Sitzung in der vergangenen Woche mit. Die Bundesregierung habe ihren Bericht rechtzeitig bis vor der PKG-Sitzung am 22. Februar zugesagt. Das PKG werde parallel zur Berichterstellung durch die Regierung nicht hinter verschlossenen Türen tagen, damit bis spätestens Ende Februar der Öffentlichkeit ein Bericht vorgelegt werden kann. Darin will das PKG die Informationen der Bundesregierung bewerten.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, unterstrich, die Überweisung der Fragen an die Bundesregierung durch das PKG zeige, dass FDP und Linkspartei ein berechtigtes Interesse an der Beantwortung rechtstaatlicher Fragen hätten. Wie van Essen bedauerte auch die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, dass die Grünen es nicht geschafft haben, über ihren Schatten zu springen und die Aufklärung voranzubringen. Van Essen betonte, dass in einem Untersuchungsausschuss die Aufklärung besser möglich sei als in einem parlamentarischen Verfahren. Pau sagte, die Grünen setzten auf die "Aufklärungswut" der Bundesregierung. Das sei naiv und habe mit Opposition nichts zu tun.
Mittlerweile hat die grüne Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn den früheren Bundesaußenminister Fischer scharf für dessen Haltung gegenüber einem BND-Untersuchungsausschuss kritisiert. Sein "Vorgehen war überhaupt nicht hilfreich", sagte die ehemalige NRW-Umweltministerin am 25. Januar dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Fischer habe auf der Klausurtagung der Fraktion in Wörlitz erklärt, alles müsse durch einen Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden, "und in der letzten Woche hat er als einziger dagegen gestimmt". Die Grünen befänden sich als ehemalige Regierungspartei "in keiner leichten Position. Umso wichtiger ist es aber, geschlossen zu agieren", sagte die Politikerin. Zugleich betonte sie, Parteirat und Fraktion hätten eindeutig Ja zu einem Untersuchungsausschuss gesagt". Nur für den Fall, dass die Regierung im PKG umfassend informiere, würde ein Untersuchungsausschuss unnötig.